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Museum of the Moon – jetzt in Duisburg
Die 7 Meter großen Monde des britischen Künstlers Luke Jerram, „Museum of the Moon“ genannt und mit Bildern des Lunar Reconnaissance Orbiter bedruckt, waren inzwischen öfters in Deutschland zu Gast, erstmals open air in Essen Ende 2018 – und jetzt ist einer in der Salvator-Kirche in Duisburg zu sehen, im Rahmen der 44. Duisburger Akzente noch bis zum 2. April inklusive. Die Kirche ist Dienstag bis Samstag von 10 bis 17 Uhr und Donnerstag bis Sonntag zusätzlich von 19 bis 22 Uhr geöffnet.
So stellt sich der Mond (PDF-Seite 18) aus Sicht des Eingangsbereichs hinter dem Hauptportal mit verschiedenen Brennweiten dar: der gewohnteste Anblick (noch mehr wäre dies von der Orgelempore der Fall). Der 90 kg schwere luftgefüllte Mond ist in der Vierung an einem einzigen Seil in 17 Metern Höhe befestigt und wird durch eine kaum sichtbare seitliche Verspannung am Rotieren gehindert. Ein Kabel führt von oben Strom zu: für eine Beleuchtung von innen (es ist immer und von allen Seiten ‚Vollmond‘) und eine Pumpe, die ihn unter Druck hält, denn sonst würde er rasch Tränenform annehmen.
Drei andere Perspektiven: aus den beiden Seitenschiffen und von schräg unten aus dem Chorraum …
… und direkt von unten – wo sich nahe des Südpols ein Stiching-Problem mit den LRO-Aufnahmen zeigt. Bei dem heutigen Besuch konnte das Museum of the Moon bei drei Lichtverhältnissen erlebt werden: oben anderhalb Stunden vor Sonnenuntergang …
… und kurz nach demselben, als der Kontrast von Mond und finsterem Kirchenraum erheblich war und sich viele Besucher eher vergeblich um originelle Fotos bemühten …
… bis der Wächter aus Sicherheitsgründen das Licht im Hauptschiff einschaltete: noch einmal Blicke aus dem Chor sowie von der Kanzel und aus dem inzwischen wieder gut gefüllten Hauptschiff – am gestrigen Samstagabend wurden 400 Besucher gezählt – zurück auf die Vorderseite. 69 Fotos von diesem Doppel-Besuch mit zwei Kameras aus zahlreichen Perspektiven gibt es in Alben hier bzw. hier, Fotos anderer z.B. hier, hier und hier und einen Clip vom WDR – und hier der Schauplatz von außen:
[Daniel Fischer]
Die Sonnenfinsternis 2022 – in Webcasts
Von der überall nur partiellen Sonnenfinsternis am 25. Oktober hat es auch wieder zahlreiche erfolgreiche Webcasts gegeben: Hier sind Aufzeichnungen erfolgreicher aus aller Welt eingebettet, v.a. aus Deutschland, dem U.K. und Indien. In anderen Videoformaten gab es auch welche aus Halle, dem Oman und nochmals Indien. [Daniel Fischer]
Wolken erfolgreich gebohrt: die SoFi 2022 am Bochumer Planetarium
Trotz schwieriger Wolkenlage wurde die öffentliche Beobachtung der partiellen Sonnenfinsternis am Mittag des 25. Oktober 2022 ein Erfolg. Zwar wurde der erste Kontakt verpasst, …
… aber 20 Minuten später kamen die ersten Wolkenlöcher: ein Bild mit Bridgekamera und SoFi-Brille von 11:29 MESZ.
Beobachtung mit zwei Teleskopen des Vereins Ad Astra, SoFi-Brillen … und (inklusive Wolkenfilter) in Reflexion auf der Scheibe.
Die Finsternis um 11:35 MESZ. Dann folgte eine längere Wolken-Pause …
… bis knapp nach der maximalen Phase um 12:07 MESZ. Aber dann …
… kam die Sonne wieder: Aufnahmen mit und ohne Filter zwischen 12:11 und 12:34 MESZ – auch von zwei Live-Streams, aus Chelmsford in England und u.a. Nordnorwegen via Time & Date.
Kurz vor Schluss wurde es dann so klar, dass – hier zwischen 12:55 und 12:57 MESZ – sogar mit einem Solarscope beobachtet werden konnte: SoFi über der Castroper Straße.
Und das Ende der Finsternis war dann fast störungsfrei zu verfolgen: Bilder von 13:02 und 13:07 MESZ. Jede Menge Bilder mehr gibt es in diesem Album, Postings hier und hier, einem Thread und einem Live-Blog – und weitere Impressionen als Slideshow-Reel hier oder hier. [Daniel Fischer]
Ein NLC-Nachschlag am 25. Juli 2022
3:49 MESZ | Sonne -13 1/4° | 1/1.3 Sekunde Blende 2.8 ISO 3200
3:58 MESZ | Sonne -12 1/2° | 1 Sekunde Blende 2.8 ISO 1600
4:07 MESZ | Sonne -11 3/4° | 1/1.3 Sekunde Blende 2.8 ISO 1600
Spät in der Saison noch einmal Leuchtende Nachtwolken am Morgen über Bochum-Querenburg: eine längere Serie in voller Größe, ein paar Highlights noch in der Nacht – und die Mondsichel und die Venus rechts des Feldes. Und hier weitere Zeitschritte des Morgens:
3:47 MESZ | Sonne -13 1/2°
3:48 MESZ | Sonne -13 1/4°
3:49 MESZ | Sonne -13 1/4°
3:58 MESZ | Sonne -12 1/2°
3:58 MESZ | Sonne -12 1/2°
4:03 MESZ | Sonne -12°
4:04 MESZ | Sonne -12°
4:05 MESZ | Sonne -12°
4:14 MESZ | Sonne -11°
4:28 MESZ | Sonne -9 3/4° [Daniel Fischer]
Extrem helle NLC am 6. Juli 2022
4:05 MESZ, Sonnendepression 9°, 1/1.6 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 400.
Was für ein Spektakel heute früh, 15 Tage nach der Mittsommernachts-Show, der in Bochum nichts Nennenswertes gefolgt war! Von einem tollen Display gestern früh hatten Wolken nur ein winziges Stückchen erkennen lassen, und auch heute störten sie sehr lange – aber dann wurde dieser enorm helle und steil in den Himmel ragende Keil sichtbar, der es auch auf SpaceWeather und ‚in die Zeitung‘ geschafft hat. Und so war das, jeweils im Vergleich mit einer Webcam in Hagen 18 km südöstlich von meinem Standort und anders bewölkt:
3:22 MESZ – da geht in Bochum noch nichts … aber Hagen sagt: Ausharren!
3:55 MESZ: Da tut sich was, 1/1.3 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 400, Sonnendepression 9 3/4°. Und Hagen weiß: Da geht hoch hinauf!
Ebenfalls noch 3:55 MESZ: Der Keil wird erstmals sichtbar. 1 Sek, f/2.8, ISO 400.
3:56 MESZ: Detail in der hellsten Zone, 1 Sek, f/2.8, ISO 400.
3:59 MESZ: Mehr Detail im Keil, Sonne -9 1/2°, 1/1.3 Sek., f/2.8, ISO 400, Hagen.
4:00 MESZ: Rechts geht gerade die Venus auf, 1 Sek, f/2.8, ISO 400., Hagen.
4:02 MESZ: 1/1.3 Sek., f/2.8, ISO 400, Hagen.
4:03 MESZ: Sonne -9°, 1/1.3 Sek., f/2.8, ISO 400.
4:04 MESZ: 1/1.6 Sek., f/2.8, ISO 400, Hagen.
4:05 MESZ: 1/2 Sek., f/2.8, ISO 400.
4:06 MESZ: Sonne -8 3/4°, 1/1.6 Sek., f/2.8, ISO 400, Hagen.
4:08 MESZ: 1/2.5 Sek., f/2.8, ISO 400, Hagen.
4:10 MESZ: Sonne -8 1/2°, 1/2 Sek., f/2.8, ISO 400, Hagen.
4:12 MESZ: 1/3.2 Sek., f/2.8, ISO 400, Hagen.
4:18 MESZ: Sonne -7 3/4°, 1/2 Sek., f/2.8, ISO 200, (Hagen).
4:19 MESZ: 1/2.5 Sek., f/2.8, ISO 200.
4:20 MESZ: Sonne -7 1/2°, 1/2.5 Sek., f/2.8, ISO 200, Hagen.
4:21 MESZ: 1/2 Sek., f/2.8, ISO 200.
4:24 MESZ: Sonne -7°, 1/5 Sek., f/2.8, ISO 200, Hagen.
4:25 MESZ: 1/5 Sek., f/2.8, ISO 200. [Daniel Fischer. NACHTRAG: 77 große Bilder in voller Auflösung]
Mit NLC durch die Mittsommer-Nacht
3:07 MESZ | Sonnendepression 12 1/3° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 800
3:17 MESZ | Sonnendepression 11 2/3° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 800
3:20 MESZ | Sonnendepression 11 1/2° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 400
Die Nacht vor der Sommersonnenwende 2022 war außergewöhnlich: Von Abend- bis Morgendämmerung waren immer Leuchtende Nachtwolken zu sehen, bereits in mittleren deutschen Breiten ohne Unterbrechung selbst bei Sonnentiefststand – und dann spektakulär hell und vielgestaltig am Morgen, wie die obigen Aufnahmen aus Bochum zeigen. Ein Protokoll der gesamten Nacht 20/21. Juni dort, die auch in 123 Fotos in diesem Album chronologisch bzw. oben in diesem ungefähr zeitlich invers dokumentiert ist (und über die noch in der Nacht in diesem Live-Thread und Postings u.a. hier, hier und hier berichtet worden war):
23:20 MESZ | Sonnendepression 9 2/3° | Belichtung 1/1.6 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
23:22 MESZ | Sonnendepression 9 3/4° | Belichtung 1/1.6 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
23:55 MESZ | Sonnendepression 12° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
23:56 MESZ | Sonnendepression 12 1/6° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
23:59 MESZ | Sonnendepression 12 1/3° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
23:59 MESZ | Sonnendepression 12 1/3° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
0:27 MESZ | Sonnendepression 13 3/4° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
0:28 MESZ | Sonnendepression 13 3/4° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
1:32 MESZ | Sonnendepression 15° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 3200
1:35 MESZ | Sonnendepression 15° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 3200
2:38 MESZ | Sonnendepression 13 3/4° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
2:39 MESZ | Sonnendepression 13 2/3° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 3200
2:40 MESZ | Sonnendepression 13 2/3° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 3200
2:41 MESZ | Sonnendepression 13 1/2° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 3200
2:42 MESZ | Sonnendepression 13 1/2° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 3200
3:01 MESZ | Sonnendepression 12 2/3° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 800
3:04 MESZ | Sonnendepression 12 1/2° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
3:04 MESZ | Sonnendepression 12 1/2° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
3:07 MESZ | Sonnendepression 12 1/4° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 800
3:12 MESZ | Sonnendepression 12° | Belichtung 1/2.5 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
3:13 MESZ | Sonnendepression 12° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 800
3:14 MESZ | Sonnendepression 11 3/4° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 800
3:18 MESZ | Sonnendepression 11 1/2° | Belichtung 1/1.6 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 800
3:20 MESZ | Sonnendepression 11 1/2° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
3:24 MESZ | Sonnendepression 11 1/4° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 400
3:26 MESZ | Sonnendepression 11° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 400
3:29 MESZ | Sonnendepression 10 3/4° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 400
3:31 MESZ | Sonnendepression 10 3/4° | Belichtung 1/1.6 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
3:33 MESZ | Sonnendepression 10 1/2° | Belichtung 1 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 400
3:34 MESZ | Sonnendepression 10 1/2° | Belichtung 1/1.3 Sekunde mit Blende 2.8 bei ISO 1600
Alle Aufnahmen entstanden freihändig mit einer Panasonic DMC-FZ300 aus dem Fenster eines Treppenhauses zwischen 5. und 6. Stock. [Daniel Fischer]
Superflachmond und ein bisschen NLC
1/13 Sekunde bei Blende 5 und ISO 400
Der Juni-Vollmond 2022 hatte eine extrem südliche Deklination („Der Vollmond steht derzeit selten tief …“) und war gleichzeitig dem Perigäum nahe: Das rief nach fotografischen Experimenten, um seinen Tiefstand von rund 10° über dem Horizont kurz nach der Kulmination ins Bild zu setzen. Hier eine freihändige Serie vom Morgen des 14. Juni aus einem Fenster in Bochum heraus, mit dem Mond zunächst hinter einer Roteiche:
1/30 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 400
1/125 Sekunde bei Blende 8 und ISO 200
1/1.6 Sekunde bei Blende 3.5 und ISO 400
1/30 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 400
1/6 Sekunde bei Blende 3.5 und ISO 200
1/8 Sekunde bei Blende 3.5 und ISO 200
1/8 Sekunde bei Blende 4 und ISO 200
1/6 Sekunde bei Blende 5.6 und ISO 200
1/100 Sekunde bei Blende 8 und ISO 200
1/125 Sekunde bei Blende 8 und ISO 200
Am Abend ließen sich dann Leuchtende Nachtwolken blicken („Leuchtende Nachtwolken sind gerade über Deutschland …“), hier das matte Abend-Display aufgepeppt:
1 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 1600
1 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 1600
Und hier die Fortsetzung am Morgen des 15. Juni, leider etwas zu spät hingeschaut, aber ausgeprägte Wellen waren – fotografisch – noch gut nachweisbar:
1/2.5 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 800
1/2.5 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 800
1/2 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 800
1/1.6 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 400
[Daniel Fischer – viele weitere Mond- und NLC-Bilder in diesem Album!]
Auf den Spuren von Erhard Weigel
In zwei Ausstellungen begegnet man in Jena dem Mathematiker, Astronomen, Pädagogen, Philosophen und Erfinder des 17. Jahrhunderts Erhard Weigel, der 1653 als Mathematik-Professor an die dortige Universität berufen worden und dort auch zeitweise Dekan und Rektor war, dazu aber auch Oberbaudirektor und Kaiserlicher Rat. Mit astronomischen Entdeckungen trat Weigel nicht in Erscheinung, was ihn zu einem „important largely unknown astronomer“ gemacht hat, um so mehr aber als Lehrer, Erfinder und … wohl auch Urgroßvater des modernen Planetariums: Davon finden sich höchst faszinierende Spuren in weit verstreuten Fachveröffentlichungen, auf den Webseiten seines ‚Fan-Clubs‘ und den beiden Ausstellungen.
Eine befindet sich im Collegium Jenense, einem Ex-Kloster, in dem 1558 die Universität Jena gegründet worden war, wo Weigel Mitte des 17. Jh. die erste lokalisierbare Sternwarte der Stadt eingerichtet hatte und das hier fast senkrecht vom Jentower zu sehen ist.Die Ausstellung „Universitätsalltag im Collegium Jenense“ im Eingangsbereich des heutigen Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin des Universitätsklinikums widmet Weigel eine Vitrine, die nach ihrer ‚Entdeckung‘ bei einer Stadtführung zu weiteren Recherchen Anlass gab.
Ganz so hat das Collegium damals nicht ausgesehen: Dieser Kupferstich vermutlich aus dem Jahr 1661 zeigt einen aufwändigeren und idealisierten Umbauplan Weigels für den Bereich um den – wie im Foto zu erkennen heute noch erhaltenen – Torbogen mit einer großen Beobachtungsplattform darüber, auf der ein Astronom mit seinen Studenten dargestellt ist. Die hat es aber wirklich gegeben, im 18. Jahrhundert durch einen Beobachtungsturm am selben Ort ersetzt. Seit dem Internationalen Jahr der Astronomie 2009 erinnert eine Gedenktafel an Weigels vier Jahrzehnte währendes Wirken an dieser Stelle: Bis 1670 wohnte er auch im Torbogen und betrieb dort vermutlich auch eine Werkstatt.
Über Jena hinaus machte sich Weigel einen Namen mit der mutmaßlich ersten Sonnenfinsternis-Karte 1654 und vor allem als Kämpfer für einen einheitlichen (quasi gregorianischen) Kalender – und für völlig neue Sternbilder! Insgesamt 18 seiner „heraldischen Himmelsgloben“ mit Konstellationen aus den Wappen von europäischen Fürsten und Stadtrepubliken (S. 232-9) sind noch erhalten: Die Ausstellung im Collegium zeigt eine Kopie aus dem Jahr 2007, die besser betrachtet werden kann (die beiden Bilder oben) als eines der Originale, das hinter Plexiglas im Stadtmuseum Jenas gezeigt wird. Durch Beleuchtung von innen fallen zahlreiche Sterne als Bohrlöcher auf: Alle Exemplare – viele weitere sind z.B. hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier als Bild 5 zu sehen – waren gelocht und hatten wohl im Süden einen Einblick zum Betrachten der künstlichen Sterne. Spekulationen über eine Nutzung als Projektoren für Sterne in eine Kuppel scheinen aber müßig: Dazu hätte es einer damals nicht verfügbaren sehr hellen Lampe in der Mitte bedurft.
Trotzdem mag Weigel als Erfinder eines Vorfahren des modernen Planetariums gelten, denn neben den heraldischen Himmelsgloben schuf er auch mehrere große begehbare Hohlgloben, die er „Pancosmos“ nannte und denen – sehr schematisch und stark verkleinert – dieses Exponat im Stadtmuseum nachempfunden ist: Es war für eine der Ernestiner-Ausstellungen im Jahr 2016 angefertigt worden und ist in diesem Video in der 39. Sekunde zu sehen.
Viele Sterne hat man nicht hinein gebohrt – aber ganz anders war das bei den mindestens drei gewaltigen Exemplaren, die Weigel anfertigen ließ, von denen zwei in diesem Paper ausführlich diskutiert werden (ein kostenloser JSTOR-Account lohnt sich) – und die alle spurlos verschwunden sind. Einen Pancosmos von geschätzten 5½ Metern Durchmesser hatte er 1661 auf das gerade umgebaute Stadtschloss setzen lassen, mit Sternen bis zur 3. Größe, dazu beweglichen Planeten und einer Erdkugel mit aktiven Vulkanen und mehr im Zentrum (daher das „Pan“ in Namen: der ganze Kosmos in einem Modell). Das bemerkenswerte Gerät setzte er wohl auch für Vorlesungen ein, aber aus statischen Gründen musste es 1692 leider wieder weichen – und 1905 auch das Schloss selbst, das dem heutigen Hauptgebäude der Universität Platz machte. Einen zweiten Pancosmos – möglicherweise sogar 10 Meter groß und noch komplexer – schuf Weigel 1696 für den dänischen König: Darüber ist eine detaillierte Beschreibung erhalten. Und ein dritter ging wohl an den Kaiserhof in Wien: zu großen hohlen Himmelsgloben siehe auch einen Artikel aus dem Planetarian und die Proceedings des 7. Weigel-Kolloquiums (S. 241-3), zur Globologie generell Artikel der Leopoldina und aus Monumente und zu Weigels Leben und Wirken die 180-seitigen Proceedings eines Kolloquiums zu seinem 300. Todestag.
Bliebe noch ein weiteres verschwundenes Gebäude aus Weigels Zeit zu erwähnen: sein 1670 fertiggestelltes Wohnhaus voller kurioser Erfindungen, für astronomische Beobachtungen ebenso wie zum Hochpumpen von Wein aus dem Keller … Leider wurde das zu den Sieben Wundern Jenas gezählte Gebäude 1898 abgerissen – aber man findet dieses höchstens Jahre vorher entstandene Foto derzeit gleich zweimal in Jena: einmal in der Ausstellung im Collegium Jenense – und in der neuen Sonderausstellung „Tierische Gefährten“ im Stadtmuseum. Denn im Vordergrund sind Zughunde mit einem Karren zu sehen, einer damals üblichen – und genau regulierten – Verwendung der Vierbeiner. [Daniel Fischer – noch mehr Bilder aus beiden Ausstellungen und alle Texttafeln sind in einem Jena-2022-Album hier bzw. hier enthalten, und mehr Jena-Astronomie wurde bereits hier und hier gezeigt, dito Himmelsgloben aus Wien]
Jena astronomisch … da geht noch mehr
Ein Dreivierteljahr nach der letzten astronomisch ziemlich ergiebigen Reise nach Jena gab es bei einem weiteren Besuch diesen Monat prompt noch mehr zu entdecken. Zum Beispiel auf der Baustelle des Deutschen Optischen Museums, wo dessen Direktor Timo Mappes exklusiven Einblick in die großen Pläne bis zur Wiedereröffnung 2025 gab: Es wird ein ungewöhnlicher Mix aus einem Museum mit bedeutender Sammlung und Science-Center, bei dem z.B. ein Heliostat Sonnenlicht in eine Astro-Halle lenkt, wo mit ihm experimentiert werden kann.
Die Gegenwart machte sich in dieser Werbung auf einem Linienbus bemerkbar, aber sooo viele Astronomie-Lehrer werden nun doch nicht gesucht: Unter der genannten URL findet sich heute genau ein Stellenangebot mit Astronomie – an einem Gymnasium in Jena mit der Fächerkombination Englisch, Chemie, Astronomie.
Leicht zu übersehen ist der Planeten-Weg Jenas, der nur aus Platten im Boden besteht, mit der Sonne im Stadtspeicher am Markt (heute Sitz der Touristeninformation) oder hier der Venus vor der Stadtkirche – der mit der Sonnenuhr aus dem 15. Jh. Maßstab 1:695 Mio.
Rund hundert Jahre in die Vergangenheit zurück reicht die Geschichte des Projektionsplanetariums, das in Jena für das deutsche Museum in München erfunden wurde und dessen zweites Exemplar dann 1926 in Jena selbst eröffnet wurde: Eine Reproduktion einer damaligen Einladungskarte ist in die große Timeline der Stadtgeschichte im Stadtmuseum integriert – und der Kuppelbau steht noch heute, sieht noch genau so aus (wie zwei neuerliche Blicke vom Jentower bestätigen) und ist das älteste stets als Planetarium betriebene Gebäude der Welt.
Um das öffentliche Planetarium nicht immer wieder für die Tests auszuliefernder Projektoren belegen zu müssen, baute Zeiss auf dem Werksgelände später eine weitere große Kuppel: Die ist vom Jentower aus nicht zu sehen, wohl aber vom Hausberg Jenas aus, insbesondere der Plattform am Fuchsturm.
Das einzig sicher astronomische an der Kunstuhr am Rathaus aus dem 18. Jahrhundert ist die Darstellung der Mondphase durch die Kugel über dem Zifferblatt, die – hier am 26. Mai – in der Tat korrekt war. Mysteriös ist dagegen die Interpretation des „Schnapphans“ darüber: „Die Bedeutung goldene Kugel ist dabei nach wie vor umstritten. In den früheren Erwähnungen wird sie oft als Apfel bezeichnet, in aktuellen Aufzeichnungen ist mehr von einem Klos die Rede (in Anlehnung an die Thüringen Klos-Tradition). Es ist wohl am besten, bei der Bezeichnung als goldene Kugel zu bleiben“, einen Himmelskörper vermutet man jedenfalls nicht. Immerhin eins der Sieben Wunder Jenas, wenn auch mit Kopien der Original-Figuren.
Aus dem 15. Jahrhundert schließlich ist eine Taufschale mit Mondsichelmadonna, die zwar aus Nürnberg stammt (und so häufig benutzt wurde, dass viele Details verschwunden sind) aber im Stadtmuseum in Jena ausgestellt ist und ausgiebig interpretiert wird, inbesondere ihre „apokalyptischen Kosmossymbole“ Sonnen-Strahlenkranz, Mondsichel und Sterne, die „auf ihre Verbindung zwischen ihrem irdischen und himmlischen Wesen“ hinweisen. [Daniel Fischer – viele Fotos des neuen Jena-Besuchs in diesem Album … und ein Highlight folgt noch!]
Die schwierige MoFi – das kam heraus!
Die Erwartungen die Mondfinsternis vom 16. Mai 2022 waren nicht gerade hoch gewesen („Für Deutschland eine Herausforderung im Morgengrauen …“), aber unverhofft klarer Himmel über Bochum in der entscheidenden südwestlichen Richtung machte es möglich: Die erste Partialität konnte problemlos verfolgt und – zumindest fotografisch – auch leicht die Umbra nachgewiesen werden, hier um 4:48 MESZ bei Mondhöhe 5 3/4 Grad zu Beginn der bürgerlichen Dämmerung. Und spektakulär sah es auch noch aus: hier freihändig eingefangen mit einer Lumix DMC-FZ300 (oben mit 1/10 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 1600) bis 5:10 MESZ, als der Mond nur noch 3 1/4 Grad hoch stand und dann hinter Bäumen wie Wolken entschwand.
3:46 MESZ, die Halbschattenphase hat vor einer Viertelstunde begonnen, aber noch sorgen Wolken für den Großteil der Eintrübung. Aber das sollte sich ändern …
4:28 MESZ: der Moment, in dem die partielle Finsternis beginnt. Es ist ganz klar geworden, und der Mond steht noch 8° hoch, mitten in der nautischen Dämmerung. Abmarsch zum ersten Tags zuvor ausgeguckten Beobachtungsplatz mit gutem Südwest-Horizont.
4:36-37 MESZ: Schon beim Beginn der partiellen Finsternis kann dem noch 7° hoch stehenden Mond – mit 1/20 Sekunde bei Blende 3.2 und ISO 1600 im letzten Bild – die Umbra abgerungen werden.
4:39-44 MESZ: Der Mond sinkt auf 6°, die Phase nimmt zu, letztes Bild mit 1/13 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 1600. Die bürgerliche Dämmerung beginnt.
4:48-53 MESZ: der erste Mond-Untergang, auf zuletzt 5° Höhe, aber die Umbra setzt sich bis zum Schluss – mit 1/10 Sekunde bei Blende 2.8 und ISO 1600 – weiter durch und farblich gut vom blauer werdenden Himmel ab. Ein total verfinsterter Mond auf 5° müsste demnach ganz gut zu sehen sein, und das war bei der legendären MoFi vom Juli 2018 tatsächlich der Fall gewesen, als er beim Aufgang in dieser Höhe zu entdecken war.
5:01-10 MESZ: Von einem spontan aufgesuchten anderen Standort kann die Beobachtung fortgesetzt werden, während der Mond von 4 1/4 auf 3 1/4 Grad Höhe sinkt: Der Nachweis der Umbra fällt nun schwerer, aber bis zum Schluss ist da „noch was“. Eine Bestätigung für die Hypothese, dass ein total verfinsterter Mond eine Höhe von 3° – bei bestem Himmel vielleicht noch ein bisschen weniger – benötigt, um nachweisbar zu sein. Eine Situtation, die heute in Deutschland nirgendwo gegeben war, aber z.B. schon in Paris oder London. [Daniel Fischer – es gibt auch 12, 36 und 70 größere Bilder]