Archiv des Autors: Himmelsereignisse

Eine Kometenentdeckung in Bonn

Es dürfte wenig bekannt sein, dass in Bonn im Jahr 1924 ein recht heller Komet entdeckt wurde. Dies geschah nicht – wie man annehmen würde – an der weltberühmten Argelander-Sternwarte in der Poppelsdorfer Allee, sondern durch einen Amateurastronomen. Paul Finsler
(1894-1970) war ein ebenso bekannter wie umstrittener Mathematiker. Nach seinem Studium an der Universität Göttingen habilitierte er sich 1922 an der Universität in Köln, wo er bis 1927 lehrte, bevor er einem Ruf an die Züricher Hochschule folgte. In seiner Freizeit widmete sich Finsler der Astronomie, und dies nicht ganz erfolglos.
Am Abend des 15.09.1924 fand er in Bonn (wo er offenbar einen zeitweilig wohnte) mit einem Fernglas unweit des Sterns 42 (= Alpha) Comae Berenices einen Kometen, der immerhin eine Helligkeit von 4 mag besaß. Nachdem es am Folgetag bewölkt war, konnte Finsler das Objekt am 17.09.1924 wieder auffinden. Die Helligkeit war inzwischen um eine ganze Größenklasse zurück gegangen. Jedoch konnte nun ein etwa 4 Grad langer Schweif beobachtet werden. Am folgenden Tag meldete der Professor seine Entdeckung (heute als C/1924 R1 bezeichnet) der Zentralstelle der Internationalen Astronomischen Union, welche ihren Sitz damals in Kopenhagen hatte. In der Abenddämmerung des 19. Septembers wurde das Objekt an mehreren Sternwarten – u.a. in Bonn – augesucht. Systematische Beobachtungen begannen offenbar einen Tag später. Am 22.09.1924 entstand am Yerkes Observatory eine Fotografie, welche einen typischen „Gaskometen“ zeigt, der deutlich dem aktuellen Kometen C/2012 F6 (Lemmon) ähnelt. Zu dieser Zeit war die Helligkeit bereits auf etwa 7 mag zurückgegangen, am Monatsende lag sie unter 8 mag.

finsler

C/1924 R1 (Finsler), aufgenommen mit dem 24-inch Reflektor des Yerkes Observatory. University of Chicago Photographic Archive, apf6-02094, Special Collections Research Center, University of Chicago Library.

Bahnberechnungen zeigten, dass der Schweifstern sein Perihel bereits am 04.09.1924 in 0.41 AE Sonnenentfernung erreicht hatte und sich jetzt rasch von Sonne und Erde entfernte. Hinzu kam, dass er sich zunächst nur wenig aus der Dämmerung lösen konnte und dann im Oktober (scheinbar) wieder der Sonne näherte. Bereits am 19.10.1924 erfolgte die letzte Beobachtung. Bedingt durch die überraschende Entdeckung und die ungünstige Position am Himmel konnten abgesehen von Positionsbestimmungen kaum Untersuchungen durchgeführt werden. Die Fotos vom Yerkes Observatory dokumentieren möglicherweise einen Schweifabriss. An der gleichen Sternwarte wurde auch ein Spektrum des Kometen gewonnen.

Steckbrief des Kometen Finsler
Entdeckung: 15.09.1924
Perihel: 04.09.1924, 0.41 AE
Erdnähe: 11.09.1924, 0.87 AE
Neigung der Bahn zur Erdbahn: 120 Grad
Umlaufszeit um die Sonne: unbekannt
Mit bloßem Auge sichtbar: 15.09. – 20.09.1924
Max. Helligkeit: 4.0 mag
Max. Schweiflänge: 4 Grad

finsler

Bahn des Kometen Finsler durch das innere Sonnensystem. Eingezeichnet ist seine Position am Entdeckungstag (15.09.1924). Aufgrund seiner Bahnlage konnte er von der Erde erst einige Zeit nach seinem Perihel gesehen werden, als er weit genug oberhalb der Sonne stand. Da ihn seine Bewegung (nach links in der Abbildung) dann jedoch wieder nach Süden führte und er zugleich sehr lichtschwach wurde, versank er nach Mitte Oktober endgültig in der Dämmerung.

Paul Finsler blieb seinem Hobby auch in Zürich treu. Dort entdeckte er am 04.07.1937 noch einmal einen Schweifstern (C/1937 N1), der bis zu 3.9 mag hell wurde. Der zweite Komet Finsler wurde wesentlich bekannter als die Bonner Entdeckung, weil er günstiger am Himmel stand und etwa 2 Wochen lang gut mit bloßem Auge sichtbar war. Entsprechend erschien eine Vielzahl von Publikationen. In der großen „Kometendürre“ – zwischen 1911 und 1957 konnte auf der Nordhalbkugel kein wirklich heller Schweifstern beobachtet werden – waren jedoch beide Finsler-Kometen als durchaus beachtliche Objekte einzustufen.

Literatur zu Komet Finsler
Anonymus (1924): New Comet c 1924 (Finsler). Popular Astronomy 32, 578-580
Kobold, H. (1924a): Neuer Komet 1924 c (Finsler). Astronomische Nachrichten 222, 335.
Kobold, H. (1924b): Beobachtungen des Kometen 1924 c (Finsler). Astronomische Nachrichten 222, 375.
Parkhurst, J.A. (1924): The spectrum of comet Finsler. Popular Astronomy 32, 521.
Van Biesbroeck, G. (1924): Comet Finsler c 1924. Popular Astronomy 32, 660.
Zacharov, G. (1930): Einige Schätzungen der Helligkeiten der Kometen Encke (1924b) und Finsler (1924c). Trudy Tashkentskoj Astronomicheskoj Observatorii 3, 52-53.

Kometenwoche in Bonn

04_00 Mitte März besteht die seltene Gelegenheit, in Mitteleuropa einen recht hellen Schweifstern zu beobachten. Der bereits im Juni 2011 entdeckte Komet Panstarrs (C/2011 L4) wird jedoch horizontnah in der Dämmerung in Erscheinung treten (mehr dazu) und somit möglicherweise nicht ganz einfach zu sehen sein. Die Amateurastronomen unserer Region bieten daher mehrere öffentliche Beobachtungen sowie einen einführenden Vortrag an. Diese Aktionen werden hier unter der Bezeichnung „Kometenwoche in Bonn“ zusammen gefasst.

Montag, 11.03.2013: Vortrag „2013 – Das Jahr der Kometen“
Veranstaltungsort: Altes Refraktorium (Sitz der Volkssternwarte Bonn e.V.), Poppelsdorfer Allee 47, 53115 Bonn.
Beginn: 18:30 Uhr; Ende: 19:30 Uhr
Die Teilnahme ist kostenfrei
Auf Grund begrenzter Sitzplatzkapazität wird eine Anmeldung unter bongartz@volkssternwarte-bonn.de erbeten.
Veranstalter: Volkssternwarte Bonn e.V.
Weitere Infos

Mittwoch, 13.03.2013: Öffentliche Beobachtung in Bonn-Endenich
Veranstaltungsort: Wiese vor dem Argelander Institut für Astronomie, Auf dem Hügel 71, 53121 Bonn-Endenich
Die Teilnahme ist kostenfrei
Beginn: 19:00 Uhr; Ende: ca. 20:30 Uhr. Findet nur bei halbwegs klarem Himmel statt!
An diesem Abend steht die Mondsichel in der Nähe des Kometen und mit etwas Glück sogar in seinem Schweif – ein sehr seltenes Ereignis.
Veranstalter: Volkssternwarte Bonn e.V.
Weitere Infos

Freitag, 15.03.2013: Öffentliche Beobachtung in Bonn-Endenich
Veranstaltungsort: Argelander Institut für Astronomie, Auf dem Hügel 71, 53121 Bonn-Endenich
Die Teilnahme ist kostenfrei
Beginn: 19:00 Uhr, Ende offen
Veranstalter: Bonner Sternenhimmel in der Volkssternwarte Bonn e.V.
Weitere Infos

Samstag, 16.03.2013:
Anlässlich des bundesweiten „Tags der Astronomie“ (s. http://www.astronomietag.de/ werden heute drei Veranstaltungen angeboten.

1) Öffentliche Beobachtung in Bonn-Endenich
Veranstaltungsort: Argelander Institut für Astronomie, Auf dem Hügel 71, 53121 Bonn-Endenich
Die Teilnahme ist kostenfrei
Beginn: 16:00 Uhr, Ende offen
Veranstalter: Bonner Sternenhimmel in der Volkssternwarte Bonn e.V.
Weitere Infos

2) Sternstunden über der Heide
Veranstaltungsort: Husarenstraße (am Freibad), 53757 St. Augustin
Teilnahmegebühr: Erwachsene EUR 6,-, Kinder EUR 3,-
Anmeldung erforderlich unter umweltbuero@sankt-augustin.de
Beginn: 19:00 Uhr, Ende offen
Veranstalter: Umweltbüro der Stadt St. Augustin in Kooperation mit dem Köln-Bonner Astrotreff (KBA)
Weitere Infos

3) Öffentliche Beobachtung in Bad Honnef
Auf Grund ungünstiger Wetterprognosen abgesagt

Sonntag, 17.03.2013: Öffentliche Beobachtung in Bad Honnef
Auf Grund ungünstiger Wetterprognosen abgesagt

Montag, 18.03.2013: Öffentliche Beobachtung in Bonn-Endenich
Veranstaltungsort: Wiese vor dem Argelander Institut für Astronomie, Auf dem Hügel 71, 53121 Bonn-Endenich
Die Teilnahme ist kostenfrei
Beginn: 19:30 Uhr; Ende: ca. 21:00 Uhr. Findet nur bei halbwegs klarem Himmel statt!
Veranstalter: Volkssternwarte Bonn e.V.
Weitere Infos

Informationen zu Komet Panstarrs finden Sie im Internet auch unter www.kometen.info/ und www.komet-panstarrs.de/.

Komet Panstarrs in Bonn

In 4 Wochen wird der lange erwartete Komet Panstarrs endlich in unseren Breiten zu sehen sein. Die aktuelle Entwicklung – Panstarrs hat zur Zeit eine Helligkeit von etwa 6 mag – deutet nach wie vor auf eine Helligkeit von etwa 2.5 mag Mitte März und einen beachtlichen Staubschweif hin. Aufgrund seiner sonnennahen Position in der Dämmerung wird C/2011 L4 dennoch kein ganz einfaches Beobachtungsobjekt werden. Natürlich ist ein plötzlicher Helligkeitausbruch, z.B. in Folge einer Kernteilung, nicht auszuschließen. Vorerst aber müssen wir für die Planung sowohl eigener als auch öffentlicher Beobachtungen von dem oben skizzierten Szenario ausgehen. Peter Oden hat hier im Blog bereits eine Sternkarte mit der scheinbaren Bahn des Kometen im Monat März veröffentlicht. Ergänzend dazu findet Ihr nachstehend zunächst eine Tabelle mit den Auf- und Untergangszeiten von Komet, Sonne und Mond in Bonn für den Zeitraum 06. – 31.03.2013. Danach folgen Karten (erstellt mit dem guten alten RedShift 4), welche die Position des Kometenkopfes vom 11. bis 24.03.13 jeweils zum Ende der nautischen Dämmerung zeigen (Abb. 1 – 14). Während der Sichtbarkeit am Abendhimmel kommt es zu zwei interessanten Begegnungen. Am 13.03.13 steht die noch schmale Mondsichel (2 Tage nach Neumond) etwa 7 Grad links oberhalb des Kometen und mit etwas Glück sogar in seinem Staubschweif. Anfang April wandert Panstarrs am Andromedanebel (M 31) vorbei; die nächste Annäherung wird am 03.04.2013 erreicht. Um die relativ horizontnahe Begegnung zu verfolgen, wird man ein Fernglas benötigen. Selbst wenn Panstarrs noch mit bloßem Auge erkennbar sein sollte – M 31 ist es zumindest im Bonner Dunst nicht. Zu beiden Begegnungen habe ich ebenfalls Grafiken erstellt, diesmal mit Cartes du Ciel (Abb. 15 & 16).
Hinweis: Die Tabelle und die Grafiken dürfen und sollen weitergegeben und weiterverwendet werden, aber bitte mit der Linkangabe www.komet-panstarrs.de.


Beobachtungsmöglichkeiten für Komet Panstarrs in Bonn

Tab. 1: Beobachtungsmöglichkeiten für Komet Panstarrs in Bonn im März 2013. Diese Tabelle gibt es auch als PDF-Version zum Download (9 kb).


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 11.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 1: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 11.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 12.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 2: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 12.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 13.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 3: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 13.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 14.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 4: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 14.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 15.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 5: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 15.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 16.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 6: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 16.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 17.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 7: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 17.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 18.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 8: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 18.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 19.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 9: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 19.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 20.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 10: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 20.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 21.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 11: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 21.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 22.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 12: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 22.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 23.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 13: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 23.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Position von Komet Panstarrs in Bonn am 24.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung

Abb. 14: Position von Komet Panstarrs in Bonn am 24.03.2013 zu Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont)


Begegnung der Mondsichel mit Komet Panstarrs am Abend des 13.03.2013

Abb. 15: Begegnung der Mondsichel mit Komet Panstarrs am Abend des 13.03.2013. Anblick bei Ende der nautischen Dämmerung (Sonne 12° unter dem Horizont). Die Schweiflänge ist hypothetisch, die Ausrichtung ist nur für den Gasschweif korrekt.


Komet Panstarrs bei der Andromeda-Galaxie am Abend des 03.04.2013

Abb. 16: Komet Panstarrs bei der Andromeda-Galaxie am Abend des 03.04.2013. Anblick gegen Ende der astronomischen Dämmerung (Sonne 18° unter dem Horizont). Die Schweiflänge ist hypothetisch, die Ausrichtung ist nur für den Gasschweif korrekt.

Panstarrs, Wilson-Hubbard und die Kometenbeobachtung aus Flugzeugen

Vor einigen Monaten habe ich auf Komet-Panstarrs.de 3 denkbare Szenarien vorgestellt, wie sich Komet Panstarrs entwicklen könnte. Als Vergleichsobjekte habe ich damals die Kometen Bennett (C/1969 Y1), Kohoutek (C/1973 E1) und West (C/1975 V1) aus den 1970er-Jahren präsentiert.
Obwohl Panstarrs aktuell (25.01.2013) mit einer Helligkeit von 7.4 mag immer noch auf dem durch die Ephemeride des MPC vom 30.09.2012 vorgegeben „Kurs“ liegt, sind viele Experten gleichwohl der Meinung, dass er Mitte März nicht heller als 2 bis 3 mag werden wird. Das legt natürlich zunächst den Vergleich mit Komet Kohoutek nahe – aber dieser ist nicht ganz zutreffend. Kohoutek war ein staubarmer Komet, der sich nach dem Perihel mit einem schmalen bis zu etwa 10 Grad langen Gasschweif zeigte. Dagegen ist Panstarrs ein ausgesprochen staubreicher Schweifstern, wie nicht nur aktuelle Fotos, sondern bereits Beobachtungen aus dem Mai(!) 2012 nahelegen. Aus derzeitiger Sicht müssen wir also damit rechnen, dass C/2011 L4 zwar eine eher lichtschwache Koma (und nur auf diese beziehen sich alle Helligkeitsprognosen) aber einen ausgedehnten und kräftigen Staubschweif entwickeln wird. Ein Staubschweif ist generell leuchtstärker als ein Gasschweif, und deshalb ist Kohoutek zumindest momentan kein allzu brauchbares Vergleichsobjekt.

Komet Wilson-Hubbard
Der vermutlichen Entwicklung Panstarrs viel ähnlicher ist ein anderer, heute weitgehend in Vergessenheit geratener Komet der 1960er-Jahre: C/1961 O1 (Wilson-Hubbard). In einschlägigen Tabellen wird er als Objekt der 3. Größenklasse geführt, also ähnlich hell (oder schwach) wie vor einigen Jahren 153P/Ikeya-Zhang oder C/2004 Q2 (Machholz). Doch Wilson-Hubbard war ein anderes Kaliber als die beiden letztgenannten, denn er entwickelte einen über 20 Grad langen und im vorderen Teil flächenhellen Schweif. Dieser führte auch zu seiner überraschenden Entdeckung. Stewart Wilson, Navigator eines PanAm-Fluges, entdeckte ihn am 23.07.1961 während eines Linienfluges von Honolulu (Hawaii) nach Portland (Oregon). Wie sich später herausstellte, hatte ihn die Stewardess Anna Ras bereits 9 Stunden früher auf einem SAA-Flug über der Sahara gesichtet. Nach Wilsons Beobachtung gingen zahlreiche weitere Entdeckungsmeldungen ein, von denen mindestens 3 weitere aus Flugzeugen erfolgten. Auf dem Erdboden wurde er u.a. am McDonald Observatory in Texas von dem Berufsastronomen William Hubbard gesichtet. Noch in den 1940er-Jahren hatten Kometen, die fast gleichzeitig von zahlreichen Personen entdeckt worden waren, lediglich informelle Bezeichnungen erhalten wie Großer Südkomet (C/1947 X1) oder Finsterniskomet (C/1948 V1). Mit dieser Tradition wurde erstmals bei dem hellen Kometen C/1957 P1 gebrochen, welcher nach Antonín Mrkos benannt wurde, obwohl mehrere Personen ihn bereits einige Tage vor dem tschechischen Kometenjäger beobachtet hatten. Bei C/1961 O1 wurden immerhin zwei der Entdecker berücksichtigt, und er erhielt den Namen Wilson-Hubbard.
Die ersten Positionsbestimmungen des neuen Kometen waren recht ungenau, sodass seine Bahn erst im August berechnet werden konnte. Wie sich herausstellte, hatte er bereits 6 Tage vor seiner Entdeckung in nur 0.04 AE Entfernung von der Sonne sein Perihel passiert – Wilson-Hubbard war also ein „Sunskirter“.

Am 25.07.1961 hatte der Schweif des Kometen eine Länge von 25° erreicht. Aufnahmen, die mit Filtern angefertigt wurden, belegten, dass es sich um einen Staubschweif handelte; zudem wurde ein 1.5° langer Gegenschweif beobachtet. Während der Kopf des Kometen sehr unscheinbar war, konzentrierte sich die größte Helligkeit im vorderen Teil des nahezu geraden und recht schmalen Schweifes. Nach dem 25.07.61 gingen Helligkeit und Schweiflänge rasch zurück, ab dem 9. August war er mit bloßem Auge nicht mehr sichtbar. Tatsächlich betrug die absolute Helligkeit von Wilson-Hubbard nur etwa 9 mag. Dass er dennoch für einige Tage eine eindrucksvolle Erscheinung bot, war allein seiner engen Sonnenpassage zu verdanken, welche zur Freisetzung großer Staubmengen geführt hatte.

Steckbrief des Kometen Wilson-Hubbard
Entdeckung: 23.07.1961
Perihel: 17.07.1961, 0.04 AE
Erdnähe: 14.08.1961, 0.79 AE
Neigung der Bahn zur Erdbahn: 24 Grad
Umlaufszeit um die Sonne: unbekannt
Mit bloßem Auge sichtbar: 23.07. – 08.08.1961
Max. Helligkeit: 3.0 mag
Max. Schweiflänge: 25°

Vergleich mit Komet Panstarrs
Die Kometen Wilson-Hubbard und Panstarrs haben zunächst wenig Gemeinsamkeiten. Die Lage ihrer Bahnen ist sehr unterschiedlich, Panstarrs Periheldistanz ist wesentlich größer und in der absoluten Helligkeit übertrifft er Wilson-Hubbard bei weitem. Ob letzterer bereits vor dem Perihel eine hohe Staubproduktion aufwies oder ob diese allein das Resultat seines engen Rendevous mit der Sonne war, wissen wir auf Grund der späten Entdeckung nicht. Doch die bei Wilson-Hubbard beobachtete Kombination von lichtschwachem Kopf und lichtstarkem Staubschweif ist genau das, was auf Grund des aktuellen Kenntnisstandes Mitte März 2013 von Panstarrs zu erwarten ist. Da letzterer per se ein kräftiger Staubproduzent zu sein scheint, ist eine so rasche Helligkeitsabnahme nach dem Perihel wie bei Wilson-Hubbard eher nicht zu erwarten. Eine maximale Schweiflänge ähnlich der von C/1961 O1 ist dagegen durchaus möglich. Aufgrund der Bahnlage wird Panstarrs Staubschweif wohl nicht ganz gerade, sondern mehr oder weniger deutlich nach links gekrümmt sein.

Kometenbeobachtung aus dem Flugzeug
So kurios sich die gleich mehrfache Entdeckung von Wilson-Hubbard aus Flugzeugen anhört – sie ist nicht einmalig. Der Komet C/1948 V1 war während der Totalen Sonnenfinsternis am 01.11.1948 entdeckt worden und nur einiger Minuten während und nach der Totalität sichtbar. Der erste, der ihn danach wiederfand, war am 04.11.1948 der Pilot einer Linienmaschine über der Karibik (Merton 1949). Ein anderes Beispiel ist White-Ortiz-Bolleli (C/1970 K1), ein heller Sungrazer der Kreutzgruppe. Einer der zahlreichen Entdecker – nur 3 wurden für die Namengebung berücksichtigt – war der Air France-Pilot Emilio Ortiz, der ihn während eines Langstreckenflugs sichtete. Später ging man gezielt in die Luft, um bereits bekannte Kometen zu beobachten bzw. einem interssierten Publikum zu zeigen. So wurden am 10. und 11.01.1974 in England spezielle Flüge durchgeführt, um Komet Kohoutek (C/1973 E1) zu beobachten. War dieser vom Boden aus mit bloßem Auge kaum noch sichtbar, so war von den Flugzeugen aus mühelos ein 8° langer Schweif auszumachen. 1P/Halley war 1986 Ziel eines niederländischen Beobachtungsfluges.
Ganz offenbar sind Kometen in Flughöhen von 10000 und mehr Metern besser zu beobachten als auf dem Erdboden. Der Grund dafür ist einfach: In Reiseflughöhe hat man nicht nur die Wolken und bodennahen Dunst unter sich, sondern auch etwa 2/3 des Volumens der Edatmosphäre. Aus der dadurch stark verminderten Extinktion ergibt sich eine am Erdboden nicht erreichbare Transparenz der Luft. Dies ist insbesondere bei Kometen, die in der Dämmerung stehen und/oder nicht allzu lichtstark sind, ein ganz erheblicher Vorteil.
Betrachtet man die aktuelle Entwicklung von Komet Panstarrs sowie seine Position in der Dämmerung, so ist die Idee, zu dessen Beobachtung ein Flugzeug zu chartern, durchaus naheliegend.

Quellen: Beyer, Max (1963) Merton, G. (1949) Roemer, Elisabeth (1961) [Stefan Krause]

Lemmon und Panstarrs, das ungleiche Kometenpaar

Zur Zeit ist es sehr interessant, die Entwicklung der beiden Kometen Lemmon (C/2012 F6) und Panstarrs (C/2011 L4) zu verfolgen und zu vergleichen. Beide werden den sonnennächsten Punkt ihrer Bahn im März 2013 erreichen und beide werden im Laufe des Februars für Beobachter auf der Südhalbkugel mit bloßem Auge sichtbar werden. Lemmon hat zur Zeit eine Helligkeit von etwa 7.0 mag, während Panstarrs auf etwa 7.7 mag geschätzt wird. Im Teleskop bieten sie ein sehr unterschiedliches Erscheinungsbild. Lemmon macht seinem Namen alle Ehre und präsentiert sich mit einer giftgrünen Koma nebst einem schmalen Schweif. Dagegen besitzen bei Panstarrs sowohl die Koma als auch der eher breite und kurze Schweif eine schwach gelbliche Färbung. Lemmons Helligkeit nimmt seit 7 Wochen rapide zu, während Panstarrs sich zögerlicher entwickelt. Den Ursachen für die unterschiedliche Färbung und Helligkeitsentwicklung der beiden Schweifsterne gehen wir im Folgenden etwas auf den Grund.

Beide Kometen sind langperiodisch; die Umlaufzeit von Lemmon wurde zu etwa 11000 Jahren bestimmt, während sie für Panstarrs nicht bekannt ist. Seine Bahn wurde formal als hyperbolisch berechnet; in Wirklichkeit wird es sich um eine unglaublich lang gestreckte Ellipse handeln, deren Exzentrität (e) nur eine Winzigkeit kleiner als 1 ist. Die Unmöglichkeit den Wert für e genau zu bestimmen, ist typisch für Kometen, die erstmals aus der Oortschen Wolke ins innere Sonnensystem gelangen. Dagegen ist Lemmons Umlaufzeit – so lang sie uns auch erscheinen mag – viel zu kurz, als dass das Aphel seiner Bahn auch nur in der Nähe der Oortschen Wolke liegen kann. Er ist also in der Vergangenheit bereits mindestens einmal, nämlich gegen Ende der letzten irdischen Eiszeit, in Sonnennähe gelangt. Dagegen ist Panstarrs aller Wahrscheinlichkeit nach ein Erstbesucher. Bevor er sich auf seinen Weg Richtung Sonne gemacht hat, verbrachte er Jahrmilliarden in der Oortschen Wolke. In dieser Zeit langen Zeit haben sich Atome, Ionen und Moleküle aus dem interstellaren Raum in beträchtlicher Menge auf seiner Oberfläche abgesetzt und sind dort bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt festgefroren. Doch schon durch eine geringe Erwärmung können diese als „Volatile“ bezeichneten Substanzen wieder sublimieren. Dies ist der Grund, warum Erstbesucher wie Panstarrs bereits in relativ großer Entfernung von der Sonne eine recht beachtliche Koma ausbilden und dadurch frühzeitig entdeckt werden können. Durch die mit abnehmender Sonnenentfernung zunehmende Erwärmung ist der Vorrat an Volatilen bald verbraucht, typischerweise in einer Sonnenentfernung von etwa 1.5 AE. Dies führt zu der für Erstbesucher charakteristischen Stagnation der Helligkeitsentwicklung. Allerdings sublimieren jetzt zunehmend die seit der Entstehung vor 4.5 Milliarden Jahren im Kern eingeschlossenen Gase. Und nur deren Freisetzungsrate entscheidet darüber, wie sich der Komet schließlich in der Zeit um sein Perihel entwickeln wird. Auf Komet Panstarrs bezogen bedeutet dies, dass die Helligkeitsentwicklung, die wir bis zum Herbst 2012 beobachtet haben, ganz überwiegend durch die Volatilen auf seiner Oberfläche bestimmt war. Daraus wurden allerdings die z.T. sehr optimistischen Helligkeitsprognosen abgeleitet, welche 2011 und 2012 veröffentlicht wurden, Aber erst jetzt, im Januar 2013, zeigt Panstarrs uns die tatsächliche, durch die Struktur seines Kerns bedingte Aktivität und wir können zuverlässiger vorhersagen, wie er sich den neugierigen Beobachtern im März präsentieren wird.

Schauen wir uns nun zum Vergleich Komet Lemmon an. Er hat die Volatilen auf seinem Kern bereits bei einer früheren Annäherung an die Sonne zumindest weitgehend verloren. 11000 Jahre sind eine viel zu kurze Zeit, um erneut nennenswerte Menge an Volatilen einzusammeln und somit bereits weit entfernt von der Sonne eine beachtliche Koma zu entwickeln. Bezeichnenderweise wurde Lemmon erst 10 Monate nach Panstarrs entdeckt. Auch bei ihm hat man aus den frühen Beobachtungen Helligkeitsprognosen abgeleitet, welche auf eine maximale Helligkeit von etwa 9 mag zur Zeit des Perihels hindeuteten. Doch für Lemmon gilt das gleiche wie für Panstarrs (und natürlich alle anderen Kometen): erst bei stärkerer Annäherung an die Sonne zeigt sich die wahre Aktivität des Kerns. Und die ist in diesem Fall recht groß. Offenbar werden durch Sublimation große Mengen an Gasen freigesetzt, welche sich in der Koma sammeln. Durch die harte UV-Strahlung der Sonne werden diese ionisiert und/oder angeregt. Die Anregung von Kohlenmonoxid, Dicarbon und Cyanwasserstoff führt zur Abgabe des farbigen Lichts, dem die Koma und auch der inzwischen deutlich entwickelte schmale Gasschweif ihre „Lemmon“-Farbe verdanken.
Wie bei den meisten Kometen dominiert auch bei C/2012 F6 vor dem Perihel die Gasproduktion. Einen nennenswerten Staubschweif wird er wohl erst kurz vor und vor allem kurz nach der Perihelpassage entwickeln – wenn überhaupt. Viele Kometen – als klassische Beispiele seien Kohoutek und Hyakutake genannt – erwiesen sich als staubarm. Gut möglich also, dass Lemmon sein Aussehen in den kommenden Monaten gar nicht so sehr ändern wird.

Im Vergleich zu C/2012 F6 scheint Panstarrs eher ein untypischer Komet zu sein. Aktuelle Aufnahmen zeigen die blassgelbe Farbe von an Staub reflektiertem und gestreutem Sonnenlicht. Offenbar ist die Staubproduktion jetzt bereits so groß, dass sie das Eigenleuchten der zweifelsohne vorhandenen Gase überdeckt. Was wir auf den Panstarrs-Fotos sehen ist dementsprechend auch kein Gasschweif, sondern ein Staubschweif. Für die unerwartet starke Staubproduktion sind im Prinzip zwei Ursachen denkbar. Entweder löst der Kern des Kometen sich gerade auf bzw. teilt sich oder aber – wahrscheinlicher – Panstarrs ist ein extrem staubreicher Komet. Wenn letzteres der Fall ist, könnte er um die Zeit seines Perihels einen enormen Staubschweif ausbilden und ein eindrucksvolles Himmelsschauspiel bieten, etwa so wie der ebenfalls staubreiche Komet Bennett im Frühjahr 1970. Dabei spielt dann die in den Prognosen stets angegebene Helligkeit des Kometenkopfes keine sonderliche Rolle, sondern es gilt das abgewandelte Zitat eines früheren US-Präsidenten: „The tail it’s stupid“.

Es wird auf jeden Fall spannend sein, die Entwicklung des ungleichen Kometenpaars weiter zu verfolgen, auch wenn wir dabei auf Fotos von der Südhalbkugel der Erde angewiesen sind. [Stefan Krause]

2013 – Das Jahr der Kometen

„2013 – Das Jahr der Kometen“ ist ein griffiger Slogan, dem sich auch der Autor dieser Zeilen nicht entziehen kann.
Ich habe ihn als Titel für einen Vortrag gewählt, den ich am 20.01.13 beim Bonner Planetenseminar  und am 23.02.13 beim ATH in Hückelhoven halten werde. Die Chancen, dass neben Komet ISON (C/2012 S1) im November/Dezember bereits im März mit Panstarrs (C/2011 L4) ein weiterer Komet mit bloßem Auge zu beobachten sein wird, stehen ausgesprochen gut. Wie hell diese beiden Objekte tatsächlich werden, lässt sich jedoch erst wenige Wochen vor Ihrem Perihel einigermaßen zuverlässig abschätzen. Unser Tipp ist, dass ISON an McNaught (C/2006 P1), den Großen Kometen des Jahres 2007, heranreichen könnte – mit dem Unterschied, dass wir auf der Nordhalbkugel diesmal in der ersten Reihe sitzen. Letzteres gilt auch für Komet Panstarrs, der sich in der Abenddämmerung vielleicht ähnlich wie Lovejoy (C/2011 W3) Ende 2011 präsentieren wird, allerdings mit einem kürzeren Schweif.
Zwei Große Kometen binnen eines Jahres sind sicherlich nicht allzu oft zu beobachten. Es ist aber allein im 20. Jh. dreimal passiert, nämlich 1910 (Januarkomet C/1910 A1 und 1P/Halley), 1957 (Arend-Roland C/1956 R1 und Mrkos C/1957 P1) sowie 1970 (Bennett C/1969 Y1 und White-Ortiz-Bolleli C/1970 K1). Letztgenanntes Jahr brachte mit Tago-Sato-Kosaka (C/1969 T1) und Abe (C/1970 N1) noch zwei schwächere, ebenfalls mit bloßem Auge sichtbare Schweifsterne. 1970 war also in der Tat ein Jahr der Kometen, genauso wie 2004. Zunächst traten im April/Mai fast gleichzeitig die Kometen NEAT (C/2001 Q4) , LINEAR (C/2002 T7) und Bradfield (C/2004 F4) auf, dann folgte zum Jahresende Machholz (C/2004 Q2). Keiner von Ihnen wurde allerdings heller als 2.2 mag. Die beiden letztgenannten waren Anfang 2004 noch gar nicht entdeckt. Es ist also zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls auszuschließen, dass auch 2013 ein kometenreiches Jahr wird. Abgesehen von möglichen Neuentdeckungen sind zum jetzigen Zeitpunkt bereits zwei weitere Kometen unter Beobachtung, die vielleicht mit bloßem Auge sichtbar werden könnten.

Der erste Kandidat ist C/2012 T5 (Bressi). Er wird sein Perihel am 24.02.2013 durchlaufen. Nach den derzeitigen Ephemeriden könnte er dann mit einer Helligkeit von etwa 7mag ein Feldstecherobjekt werden. Allerdings handelt es sich bei Bressi um einen Schweifstern mit sehr geringer absoluter Helligkeit. Die Erfahrung lehrt, dass die Kerne solcher Objekte sich oft um die Zeit des Periheldurchgangs auflösen. So ist es im September 2011 Komet Elenin (C/2010 X1) ergangen, dessen Kern sang- und klanglos zu Staub zerfiel. Häufiger als der Totalzerfall kommt die Teilung des Kerns in 2 oder mehrere Bruchstücke vor. Beispiele dafür sind die Kometen C/2006 M4 (SWAN) und C/2001 A2 (LINEAR). Bei beiden zogen die Teilungsprozesse Helligkeitsausbrüche von mehreren Magnituden nach sich, wodurch sie überhaupt erst mit bloßem Auge sichtbar wurden. Da nun auch Komet Bressi ein ernsthafter Kernteilungskandidat ist, könnte aus dem Feldstecherobjekt plötzlich durchaus ein mit bloßem Auge sichtbarer Schweifstern werden. Allerdings ist er in Mitteleuropa erst wieder Anfang März am Morgenhimmel sichtbar.

Etwas anders ist die Situation bei Komet Lemmon (C/2012 F6). Er ist zur Zeit 2 – 3 Größenklassen heller als von den Ephemeriden prognostiziert. Hält dieser Trend an, so wird er um die Zeit seines Periheldurchgangs Ende März 2. oder 3. Größe erreichen, also bequem mit bloßem Auge sichtbar sein. Leider werden wir davon nichts haben, weil C/2012 F6 dann soweit südlich steht, dass er in Mitteleuropa nicht über den Horizont kommt. Die zur Zeit gute Helligkeitsentwicklung gibt allerdings auch Grund zum Misstrauen, denn sie entspricht dem klassischen Szenario „neuer“ Kometen, welche erstmals aus der Oortschen Wolke ins innere Sonnensystem gelangen. Auf eine zunächst überdurchschnittliche Helligkeitsentwicklung folgt bei einer kritischen Sonnendistanz von etwa 1,5 AE oft eine Stagnation oder sogar ein Einbruch der Helligkeit. Wenn Lemmon Anfang Februar diese Distanz deutlich unterschritten hat, wird man mehr sagen können.

Ganz gleich, wieviele Kometen 2013 tatsächlich mit bloßem Auge sichtbar sein werden – es wird auf jeden Fall ein spannendes Jahr der Kometen. [Stefan Krause]

Rückblick auf die NLC-Saison 2012 in Bonn

Die NLC-Saison 2012 war mit 6 beobachteten Displays etwa ergiebiger als die beiden vorangegangenen Jahre (3 bzw. 4 Displays). Ich selber war zwar nur dreimal erfolgreich, doch zum Glück bin ich anders als noch 2010 nicht mehr der einzige im Bonner Raum, der NLCs beobachtet. Seit 2011 halten auch Anja Hoff und Wilfried Bongartz regelmäßig nach Leuchtenden Nachtwolken Ausschau.
Unter optimalen Bedingungen (stets klarer Himmel und natürlich permanente Beobachtung) hätte man 2012 im Bonner Raum noch einige Male mehr NLCs nachweisen können. Schaut Euch dazu habe bitte meine Tabelle unter http://www.leuchtende-nachtwolken.info/nlc_bonn2012.htm an.
Viele NLC-Displays, insbesondere gegen Ende der Saison, wurden, wie in der rechten Spalte deutlich wird, nur im Norden Deutschlands in geringer Horizontnähe gesichtet; in Bonn hätte man dann keine Chance gehabt. Andererseits gab es zumindest noch 3 zusätzliche Nächte, wo NLCs bei uns mit Sicherheit beobachtbar gewesen wären. In 3 weiteren Nächten hätten zumindest recht gute Aussichten bestanden.

Hier sind die Links zu allen Bonner NLC Beobachtungen 2012 mit Fotos und z.T. Links zu Videos:
http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?t=9556 (09.06.12, Anja Hoff)
http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?t=9574&start=21 (16.06.12, Anja Hoff)
http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?t=9578&start=33 (17.06.12, Wilfried Bongartz)
http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?p=44319#44319 (24.06.12, Stefan Krause)
http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?p=44425#44425 (26.06.12, Stefan Krause)
http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?p=44618#44618 (01.07.12, Stefan Krause)

Die Fotos für nachstehende Animation habe ich am Abend des 26.06.2012 in der Bonner City aufgenommen:

Eine Rückblick auf den Verlauf der Saison im gesamten deutschsprachigen Raum finder Ihr unter http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?t=9824 .

Schließlich möchte ich Euch noch kurz auf meine Infoseite zu den NLCs aufmerksam machen, wo Ihr neben zahlreichen Bonner NLC-Fotos aus den vergangenen 4 Jahren auch eine kurze Einführung in die Thematik findet. [Stefan Krause]

Crepuskularstrahlen in Bonn am 19.08.2012

Am frühen Abend des 19. August 2012 konnten in der Bonner Südstadt ausgeprägte Crepuskularstrahlen beobachtet werden. Nachstehend 3 Fotos, aufgenommen im Abstand von wenigen Minuten:


19:46 MESZ


19:49 MESZ


19:51 MESZ

Ein himmlisches Wochenende (11./12.08.2012)

Eigentlich hatte ich mir für das vergangene Wochenende lediglich vorgenommen, am späten Samstagabend nach den alljährlichen Perseiden Ausschau zu halten. Immerhin waren die Wetteraussichten vielversprechend. Dann entdeckte ich, dass am Samstag 2 günstige ISS-Überflüge und 2 helle Iridium-Flares stattfinden würden. Somit würde die Beobachtungssession etwas ausgedehnter werden. Doch wie sich dann zeigte, hielt das Wochenende noch einiges mehr an Himmelsereignissen bereit, übrigens nicht nur für mich. So wurde aus Norddeutschland eines der bislang jahreszeitlich spätesten NLC-Displays gemeldet. Zudem konnte in 2 Nächten (11./12. und 12./13.08.12) erneut grünes Airglow nachgewiesen werden. Und nicht zuletzt gelangen eindrucksvolle Aufnahmen von Perseiden-Meteoren.

Hinweis: alle Aufnahmen wurden mit einer Panasonic DMC-FZ18 angefertigt. Die Belichtungsdaten gehen aus der jeweiligen EXIF-Datei hervor.

Noch in der nautischen Dämmerung sollte am 11.08.12 gegen 22:10 MESZ ein Überflug der ISS erfolgen. Ich bin einige Minuten vorher zum Rheinufer hinuntergegangen, um die Station beim Abflug nach Osten über dem Rhein zu fotografieren. Dies hat auch gut geklappt, wie der nachstehenden Aufnahme zu entnehmen ist:

Überflug der ISS (11.08.2012, 22:12 MESZ)
Abb. 1: Überflug der ISS (11.08.2012, 22:12 MESZ)

Noch während die Kamera belichtete, wurde links außerhalb des Bildausschnitts in der Beueler Ortsmitte eine Feuerwerksbatterie abgefeuert, von der ich allerdings nur den Widerschein auf Hauswänden sehen konnte. Das irdische Feuerwerk war gerade zu Ende als genau über der gleichen Stelle die erste Perseide horizontnah nach unten fiel; sie war recht hell, etwa -2 mag. Das animierte dann zu dem Versuch, mit weitwinkeligen Langzeitbelichtungen vielleicht eine Schnuppe einzufangen. Es blieb allerdings beim Versuch. Immerhin konnte ich gegen 22:30 MESZ eine weitere recht helle Perseide horizontnah über Beuel visuell sichten. Kurz danach wurde irgendwo in Beuel noch ein weiterer Feuerwerkskörper abgefeuert, wie ich aus einem entsprechenden Knall schloss.
Ich bin dann erstmal ins Büro zurückgegangen und habe mich etwas mit historischen Sonnenfinsternissen in Australien beschäftigt. Gegen 23:40 bin ich dann in den stockdunklen Garten hinaus, um den zweiten ISS-Überflug zu beobachen, welcher gegen 23:45 anstand. Doch zunächst bemerkte ich tief über den Häusern der Südstadt und hinter den Bäumen eine ganz andere Art von Leuchtobjekten, welche ich zuletzt vor etwa 2 Jahren beobachtet hatte: Asiatische Himmelslaternen. Eine ziemlich große Flotte, höchstens 300 Meter entfernt. Seit dem Verbot im Jahr 2010 (oder war es schon 2009), macht sich die einstige Königin der UFOs ja recht rar. Inzwischen hatten sich meine Augen gut adaptiert, und ich konnte zumindest in Zenitnähe die Mikchstraße sehr gut sehen. Angesichts meines Standortes nur wenige hundert Meter südlich der lichdurchfluteten Bonner Innenstadt sprach das für ausgezeichnetes Seeing. Als nächstes stand um 23:55:23 MESZ ein Flare (-7mag) von Iridium 25 an, den ich im folgenden Foto festgehalten habe:

Iridium-Flare (11.08.2012, 23:55 MESZ, -7mag)
Abb. 2: Iridium-Flare (11.08.2012, 23:55 MESZ, -7mag)

Nur 8 Minuten später, um 00:03:09, flarte und enttäuschte Iridium 94. Bei Heavens Above mit -6mag prognostiziert schaffte er lediglich gute -1mag. Zwischen den Auftritten der Satelliten und der Himmelslaternen zählte ich 4 eher mittelhelle Perseiden.

Um 00:10 Uhr bin ich dann wieder rein, habe meine Sachen zusammengepackt und bin zum Auto gegangen. Das stand auf einem ziemlich dunklen Parkplatz und ein kurzer Rundum-Blick brachte die nächste Schnuppe. Ein weiteres ziemlich helles Exemplar konnte ich gleich an der ersten Ampel aus dem Auto heraus beobachten. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit und der Flugrichtung war das sicher keine Perseide, eher eine Kappa Cygnide.

Zu Hause angekommen, bin ich sofort auf die Terrasse heraus gegangen, hab nach oben geschaut und erst einmal Bauklötze gestaunt. Neben Atair standen 2 helle Sterne, etwa -1mag. Nach der ersten Verwirrung sah ich dann, dass sie sich bewegten, recht langsam und hintereinander auf genau der gleichen Bahn von Südwest nach Nordost, wobei sie allmählich verblassten. Der nächste Blick ging routinemäßig zur Uhr: 00:34 MESZ. Um diese Zeit sind nur sehr hoch fliegende Satelliten noch im Sonnenlicht. Dass die Objekte sich in sehr großer Höhe bewegten, ergab sich auch aus der geringen Winkelgeschwindigkeit. Spontan dachte ich an NOSS-Satelliten, da diese in Paaren (früher sogar in Tripletts) fliegen und bisweilen flaren können. Wie sich dann am Sonntag herausstellte, hatten andere Beobachter die Objekte sogar fotografiert und sich um Klärung bemüht. Es war tatsächlich ein NOSS-Paar gewesen. Ein Blick bei Heavens Above zeigte mir, dass dieser Überflug für Bonn mit einer Helligkeit von 3.5mag angekündigt war; es hatte sich also um recht beachtliche Flares gehandelt.
Obwohl ich noch eine gute halbe Stunde auf der Terrasse blieb, zeigte sich lediglich noch ein weiteres Meteor. Übrigens konnte man selbst hier mitten in der City die Milchstraße erkennen.

Bereits um kurz vor 5 Uhr klingelte der Wecker wieder, weil ich mir die Konstellation Venus – Mond- Jupiter anschauen wollte.
Praktischerweise ging das vom Schlafzimmer-Fenster aus. Die 3 boten in der tiefblauen Dämmerung einen prachtvollen Anblick. Weniger prachtvoll war das Fotografieren, denn das Streulicht einer Straßenlaterne, welche fast genau in Sichtrichtung stand, störte gewaltig. Ich musste also warten, bis die Dämmerung heller werden würde. Plötzlich fiel mir ein, dass kommende Woche eine Morgensichtbarkeit des Merkur beginnen sollte. Um diese Jahreszeit ist das für mich günstig, weil Merkur dann genau dort steht, wo ich dank einer gegenüberliegenden Seitenstraße bis ziemlich weit zum Horizont hinunter schauen kann. Ein Blick mit dem Fernglas – da war er schon, gerade über ein Hausdach getreten. Das nachstehende Foto habe ich etwas später aufgenommen.

Merkur in der Morgendämmerung (12.08.2012, 05:28 MESZ)
Abb. 3: Merkur in der Morgendämmerung (12.08.2012, 05:28 MESZ)

Alle Bemühungen, den noch relativ lichtschwachen (etwa +0.3mag) Planeten auch mit bloßem Auge zu erspähen, waren vergeblich. Inzwischen war es so hell geworden, dass die Lichtreflexe der Natriumdampflampe beim Fotografieren der anderen Planeten nicht mehr so stören sollten.

Mond, Jupiter und Aldebaran in der Morgendämmerung (12.08.2012, 05:31 MESZ)
Abb. 4: Mond, Jupiter und Aldebaran in der Morgendämmerung (12.08.2012, 05:31 MESZ)

Venus, Mond und Jupiter in der Morgendämmerung (12.08.2012, 05:43 MESZ)
Abb. 5: Venus, Mond und Jupiter in der Morgendämmerung (12.08.2012, 05:43 MESZ)

Ich hatte die ganze Zeit dünn bekleidet am offenen Fenster in der kühlen Morgenluft gestanden; entsprechend war ich jetzt recht munter und schaute noch etwas weiter. Inzwischen war die bürgerliche Dämmerung erreicht, welche mit einem ganz netten Purpurlicht aufwartete.

Purpurlicht (12.08.2012, 05:56 MESZ)
Abb. 6: Purpurlicht (12.08.2012, 05:56 MESZ)

Erstaunlichweise war Jupiter immer noch mühelos mit bloßem Auge zu sehen. Ich beschloss, weiter zu beobachten. Der Sonnenaufgang (den ich allerdings von meinem Fenster aus nicht sehen würde), war unter Berücksichtigung der Refraktion um 06:15 MESZ zu erwarten.

Mond und Jupiter (12.08.2012, 06:04 MESZ)
Abb. 7: Mond und Jupiter (12.08.2012, 06:04 MESZ)

Ein durch vorwärts gestreutes Sonnenlicht gleißend heller Kondensstreifen fesselte jetzt für einige Minuten meine Aufmerksamkeit:

Wolken und Kondensstreifen über dem Sonnenaufgangspunkt (12.08.2012, 06:22 MESZ)
Abb. 8: Wolken und Kondensstreifen über dem Sonnenaufgangspunkt (12.08.2012, 06:22 MESZ)

Als ich obiges Foto aufnahm, war der Sonnenaufgang mit Sicherheit erfolgt – und immer noch war Jupiter als blasser Punkt mit bloßem Auge sichtbar. Ich wartete noch ein paar Minuten – Jupiter blieb. Natürlich halfen sowohl der Mond als Wegweiser als auch die große Horizonthöhe des Planeten und der extrem klare Himmel. Aber dass Jupiter so einfach mit bloßem Auge am Taghimmel sichtbar ist, hätte ich nie für möglich gehalten.

Mond und Jupiter (12.08.2012, 06:27 MESZ)
Abb. 9: Mond und Jupiter (12.08.2012, 06:27 MESZ)

Nun forderte die Müdigkeit doch ihren Tribut. Als ich gegen 12 Uhr wieder wach wurde, ging es sofort auf die Terrasse. Ich wollte testen, ob Jupiter auch jetzt noch zu sehen sein würde. Doch dieses Unterfangen erwies sich als aussichtslos, weil sich der Himmel inzwischen mit Zirren überzogen hatte. Aber immerhin bot diese Bewölkungssituation Chancen auf Halos. Es dauerte aber noch ein paar Stunden, bis ich gegen 16:30 auf der Fähre von Königswinter nach Mehlem das Segment eines 22°-Halos sichtete. Da ich zu diesem Zeitpunkt die Kamera nicht dabei hatte, musste ich mich mit einem Handy-Foto begnügen, welches ich auf Twitpic hochlud. Als sich 2 Stunden später dann beide Nebensonnen zeigten, war ich wieder vollständig ausgerüstet.

Abb. 10: Linke und rechte Nebensonne (12.08.2012, 18:24 MESZ)
Abb. 10: Linke und rechte Nebensonne (12.08.2012, 18:24 MESZ)

Die Verursacher des Schauspiels waren selber auch recht fotogen:

Zirren über der Bonner Südstadt (12.08.2012, 18:27 MESZ)
Abb. 11: Zirren über der Bonner Südstadt (12.08.2012, 18:27 MESZ)

Eine halbe Stunde später erbrachte ein weitere Kontrollblick auch den bereits erwarteten Zirkumzenitalbogen.

Zirkumzenitalbogen (12.08.2012, 19:06 MESZ)
Abb. 12: Zirkumzenitalbogen (12.08.2012, 19:06 MESZ)

Angesichts der Bewölkungsstruktur war mit einem prächtigen Abendrot zu rechnen – und auch in dieser Hinsicht wurde ich nicht enttäuscht.

Abendrot über der Bonner Südstadt (12.08.2012, 21:06 MESZ)
Abb. 13: Abendrot über der Bonner Südstadt (12.08.2012, 21:06 MESZ)

Eine weitere Stunde verging, bis sich das Dreigestirn Saturn, Mars und Spika am Dämmerungshimmel über den Gründerzeithäusern zeigte. Aufgrund des „verzirrten“ Himmels war der Anblick mit bloßem Auge sehr bescheiden. Aber immerhin, ich habe mal wieder alle 5 Planeten an einem Tag gesehen.

Saturn, Mars und Spika (12.08.2012, 22:03 MESZ)
Abb. 14: (von oben) Saturn, Mars und Spika (12.08.2012, 22:03 MESZ)

Damit endete denn auch ein wahrhaft himmlisches Wochenende. [Stefan Krause]