Ein paar kleine Lücken in einer ansonsten weitgehend dichten Wolkendecke erlaubten gestern überraschenderweise für wenige Minuten dennoch diesen Schnappschuss des „Supermoon“ [Peter Oden]
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Im Erdbeer-Wahn …
Der Vollmond beeinflusst den (modernen) Menschen nicht, lästern wir Skeptiker ja gerne angesichts all der zähen Mythen über seine vermeintliche Wirkung auf das Gemüt – aber manchmal passiert’s doch: wenn nämlich einer plötzlich von irgendwem zum Sonderfall erklärt und die Schnappsidee von ‚den Medien‘ aufgegriffen wird und sich viral ausbreitet. So passiert es seit mehreren Jahren bei den längst als „Supermond“ in den auch astronahen Volksmund eingegangenen Vollmonden in Perigäumsnähe, die übrigens tatsächlich eine Schau für Genießer sind – und besonders krass wurde es bei der letzten totalen Mondfinsternis im September, über die der tollste Blödsinn verbreitet wurde: motiviert vor allem durch eine angebliche Seltenheit, die aber gar keine war, und in Kombination mit einem bis dahin wenig bekannten aber aufhorchen lassenden Begriff („Blutmond“).
Fast genau dieses Szenario hat sich nun wiederholt, aber an Stelle einer Mondfinsternis mit der heutigen Sommersonnenwende als Aufhänger – und der dem Vernehmen nach von den Algonkin stammenden nordamerikanischen Vollmond-Bezeichnung „Erdbeermond“ als Mem. Im Gegensatz zum MoFi-Schmarrn, den eine irreführende Webseite der NASA weltweit implantiert hatte, lässt sich nicht genau verfolgen, wie der zugegeben leckere Juni-Mond auch in Deutschland und Österreich in aller Munde kam, aber gestern war er plötzlich überall – zusammen mit der Behauptung, einen Vollmond am Tag der Sommersonnenwende habe es seit (mindestens) 1967 nicht mehr gegeben. Dass diese Behauptung Quatsch ist, lässt sich leicht durch den Vergleich entsprechender Tabellen zeigen, und der Fall traf ja für den Großteil der Menschheit v.a. in Asien 2016 nicht einmal zu. Und auch in Mitteleuropa nicht: Da fiel der Vollmond auf den gestrigen Mittag und die Sonnenwende erst in die Stunde nach Mitternacht heute.
Eine Konsequenz daraus waren zwei De-Facto-Vollmondnächte hintereinander, wobei die erste vom 19. zum 20. Juni – oben ein Bild mit den Planeten Saturn und Mars westlich vom Mond und Antares darunter – freilich medial keinerlei Beachtung fand: Alle Artikel bejubelten absurderweise erst die folgende Nacht. Und was wurde da nicht alles zusammen gesponnen: „Wenn Sommersonnenwende und Vollmond auf ein und dieselbe Nacht fallen, steht ein besonderes Naturschauspiel an: der sogenannte Erdbeermond,“ glaubt die Berliner Zeitung heute zu wissen: „So geschehen in der vergangenen Nacht.“ Der Bonner General-Anzeiger gewahrte „einen Anblick am Himmel, den es zuletzt 1967 gab, und der sich erst 2062 wiederholen wird: der sogenannte Erdbeermond. Der Himmelskörper strahlte in einem kräftigen Orange.“ Und die Tagesschau erfand gar die passende Physik dazu: „Durch die spät untergehende Sonne färbte er sich rötlich. Das Naturschauspiel wird Erdbeermond genannt.“
Da war nun also alles durch den großen Medien-Mem-Mixer gegangen: eine irrtümlich für unfassbar selten gehaltene kosmische Konstellation, die nur einmal im Leben eines Menschen (auch das ein populäres Sub-Mem) stattfände, die tatsächlich – wegen generell geringer Deklination des Juni-Vollmonds – häufig zu beobachtende zumindest gelbliche Verfärbung des Mondes und ein vermeintlich rote Farbe insinuierender Begriff, der in Wirklichkeit mit der Haupterntezeit für Erdbeeren im Neuengland zusammen hängt aber nun auf bedeutende physikalische Zusammenhänge hin zu deuten schien. Und einer schrieb vom anderen ab, ohne mal selber das Gehirn einzuschalten. Wieder einmal blieb es an uns Astrobloggern hängen, die Absurditäten gerade zu rücken, wie im bereits verlinkten Beitrag zur Häufigkeit solcher Konstellationen und z.B. auch hier, hier oder hier versucht (was immerhin hier von einer ‚echten‘ Zeitung aufgegriffen wurde). Nun könnte man sagen, so what, das bisschen Mond-Medien-Müll schadet doch keinem – aber wenn ‚die Medien‘ nicht mal einen derart leicht zu recherchierenden oder selber nachzurechnenden Sachverhalt korrekt …
Traurig stimmt auch, dass der Einmal-im-Leben-Erdbeer-Wahn die tatsächlich spannenden Aspekte des Vollmonds vom Juni 2016 überdeckt hat. Derzeit stehen nämlich die Vollmonde in dieser Jahreszeit besonders weit nördlich der Ekliptik, ein Effekt von 4 bis 5 Grad immerhin: Das war bereits im Mai auffällig gewesen, und auch dieses Mal wieder war klar zu erkennen (unterstes Bild), dass der Vollmond der Sonne nicht genau gegenüber stand, so dass ein Teil seiner unbeleuchteten Südpolregion und ein ungewöhnlicher südlicher Terminator deutlich zu erkennen war. Und der vielleicht substanziellste Beitrag zur Lage ergänzt: „Rund einen Tag vor Vollmond wurde die maximale Nordbreite erreicht, 5,2° nördlich der Ekliptik. […] Wir müssen, bedingt durch die Knotendrehung des Mondes, rund 9 Jahre warten, bis sich eine extreme Südbreite ergibt. Am 11. Juni 2025 wird der Vollmond eine Deklination von -28,09° erreichen und dies wird der südlichste Vollmond seit 100 Jahren sein.“ Was das erst wieder für ein Mem geben wird … [Daniel Fischer]
Helles Mondhalo um letzten Vollmond 2013
Da sieht man jahrelang kein Mondhalo und dann kann man dank einer geschlossenen Zirrus-Wolkendecke innerhalb weniger Tage gleich zwei Stück beobachten. So passiert zum letzten Vollmond 2013, wobei bei beiden Ereignissen das 22-Grad-Halo so hell schien, dass man fast meinte, Farben darin zu erkennen. Auf den jeweils 8 Sekunden lang belichteten Fotos tritt der vermutete Farbeindruck schließlich deutlicher hervor. Und dank der Aufnahmen von Hobbyastronom Hans Schremmer kann man das Mondhalo vom 18. Dezember (ab 0:20) sogar in Bewegung sehen. In dieser Nacht lief außerdem innerhalb des geschlossenen Halos der Jupiter hinter dem Mond her. [Nico Schmidt]
Am Fenster zum Hof: Mein Hitchcock-Mond
Am Sonntag und Montag konnte ich nicht nur eine wunderschöne Venus in rotem Abendkleid fotografieren, sondern auch einen sich schnell verändernden Hof (Strahlenkranz, Aureole) um den Vollmond, was abwechslungsreiche Motive bot. Am Fenster verfolgte ich eine ganze Zeitlang wie immer neue Ansichten entstanden: Mal war der farbige Ring in eine impressionistische Wolkenlandschaft eingebettet, mal ergab sich eine dramatische Szenerie mit vorbeiziehenden dunklen Wolkenfetzen. [Nico Schmidt]
Vollmond oder Game Over? PANSTARRS nur noch ein Schatten seiner selbst …
Eine Woche nach den Königswinterer Beobachtungen vom 18. März und 19. März („PANSTARRS ein – leichtes – Objekt für’s bloße Auge“) konnte dieser Blogger den Kometen erstmals wieder an genau demselben Platz sichten: zwar noch ein relativ einfaches Feldstecher-Objekt, aber jetzt arg verblasst – und nicht nur die Koma, die jetzt auf typischerweise 2.8 mag. geschätzt wird [NACHTRAG: oder sind’s eher 3.5 mag.?], sondern leider auch der Staubschweif. Hier auch wieder Bilder mit 5 Sekunden bei Blende 5.2 und ISO 1600 mit 627 mm KB-Äquivalent-Brennweite, mit PANSTARRS in 11° Höhe und 12° Sonnendepression. Ob der zu 99.5% beleuchtete Mond in 152.4° Abstand (1/200 Sekunde bei Blende 5.2 und ISO 100 mit 735 mm Äquivalent-Brennweite) eine – zusätzliche – Rolle bei der Kontrastverschlechterung spielte, wird sich ab in zwei Tagen zeigen, wenn er während des nach wie vor kurzen abendlichen PANSTARRS-Fensters noch gar nicht aufgegangen ist. Und was aus PANSTARRS wohl geworden sein mag, wenn sich am 7. April auch ein mondfreies Morgenfenster öffnet, mit dem Kometen dann 17° hoch am Himmel vor Beginn der Dämmerung …? [Daniel Fischer]
Dolomiten überraschend im Schein des („blauen“) Vollmonds
Nach einem sehr regnerischen 31. August ist der Himmel in der Nacht über Wolkenstein im südtiroler Grödnertal unerwartet aufgerissen: Nun fällt das Licht des allseits gefeierten Vollmonds auf das Dorf und das Sella-Massiv im Hintergrund, um dessen Flanken noch Wolkenschwaden wabern, während darüber auf diesen Bildern (aus dem Hotelfenster) viele Sterne erscheinen …
Noch mehr Rhodos-Venüsse, eine erste Landpartie – und eine feurige Herausforderung …
Nach den ersten Erfolgen am Vormittag ging die Jagd nach der Extrem-Venus weiter, jetzt mit Sonne & Planet fast im Zenit und einer DMK direkt im Fokus. Aus den besten 2% von 3000 Bildern (mit dem Refraktor auf 11 cm abgeblendet und mit Grünfilter) ist dann das hier in zwei Darstellungen – Originalauflösung und kontrastgesteigerte Vergrößerung – gezeigte geschärfte Summenbild entstanden: Der Ring geht ganz herum, d.h. es wird bereits zwei Tage vor dem Transit Sonnenlicht von der Atmosphäre über der dunklen Seite ‚um die Ecke‘ Richtung Erde gebrochen! [NACHTRAG: Nein, es handelt sich diesmal um Lichtstreuung, nicht -brechung.] Andere Bilder von heute hier und hier haben diesen noch subtilen Effekt ebenso wenig erfassen können wie eine besonders scharfe Venus von gestern. Zur gleichen Zeit fand auch eine partielle Mondfinsternis statt, von der fast in Echtzeit Bilder im Web zu sehen waren – ein paar Impressionen hier, hier (mehr), hier, hier (aus Saporro), hier, hier, hier, hier, hier und hier.
Nachdem das erledigt war, folgte die erste größere Insel-Rundfahrt, die von unserem Appartement (das Gebäude ganz links, oben der mögliche Beobachtungs-Balkon) in der ‚Innenstadt‘ von Gennadi
zum Strand führte (der in diesem Luftbild gut zu sehen ist): ähnlicher Horizont, ein bisschen weniger Kimmung, mehr Wind – was würde das für das Seeing bedeuten, das heute morgen auf dem Balkon ziemlich bewegt war, sich im Laufe des Tages aber besserte?
Die Rundreise führte weiter nach Westen Richtung Apolakkia, wo in der Kirche Agios Georgios O Vardas (für die es unzähliche Schreibweisen gibt)
wie von Reiseführern versprochen Fresken aus dem 13.(!) Jahrhundert stellenweise verblüffend gut erhalten sind –
hier mit 8-strahligen Sternen neben einer Darstellung offenbar des namensgebenden Georgs.
Die in der Kirche vorhandenen Kerzen wurden auch zu einem spontenen Lötversuch (mit der Drahtbindung eines Heftchens als Lötkolben) an der Stromversorgung der Teleskopmontierung ausgenutzt, leider ohne Erfolg. Aber siehe unten!
Abstecher an die Prasonisi Beach an der Südspitze von Rhodos, wo sich in der steifen Brise – so mancher Besucher fühlt sich hier eher an die Nordsee denn das Mittelmeer erinnert – auch jetzt schon Wind- und v.a. Kite-Surfer tummeln.
Und das Site-Testing für den Venustransit geht weiter: hier oberhalb des Lachania-Strandes, wo die Straße von Kattavia auf die Ostküste trifft. Wohl ideale Sicht auf die aus dem Meer aufsteigende venusbedeckte Sonne, aber viel Wind,
doch immerhin wäre die Dekoration (auf der gegenüber liegenden Straßenseite) attraktiv …
Ein Stückchen näher an Gennadi (wo die Straße nach Lachania abgeht) auf der im obigen Bild hinten sichtbaren Mini-Halbinsel wäre die Sicht auch nicht übel, wohl aber wieder der Wind …
Und zurück am Strand von Gennadi ein spektakulärer Aufgang des – leider nicht mehr verfinsterten – Vollmonds über dem Meer.
Zu guter Letzt noch die Fortsetzung der Löt-Operation im Appartement, mit einer Kerze aus der Kirche (natürlich bar bezahlt) und einem Feuerzeug und einer Büroklammer aus Kattavia als Lötkolben – jetzt hat es funktioniert. Und der Venustransit kann kommen … [Daniel Fischer, Tobias Kampschulte und Susanne Hüttemeister]
Site-Testing in Rhodos: Sonnenaufgang vom Balkon
Letzte Nacht: Der Vollmond über Gennadi spiegelt sich im Meer – Blicke vom größeren Ost-Balkon unseres Appartements.
Sonnenaufgang heute morgen: Punkt 5:55 OESZ (2:55 UTC) erschien das erste Stück Sonne über der Lindos-Halbinsel, in einem intensiv-grellen Rot, das keine Kamera wiedergeben kann. Aufnahmen mit einer Bridge-Kamera bei maxi- und minimalem Zoom. [Daniel Fischer]
Der Aufgang mit einer DSLR durch einen 8-cm-Refraktor: Am Ende ist unten auch ein Sonnenflecken zu sehen, vermutlich AR 1494. [Tobias Kampschulte]
KBA-Venustransit-Expedition auf Rhodos angekommen
So sieht es aus, wenn ein insgesamt rund 40 kg schwerer 14-cm-Refraktor von drei zu allem entschlossenen Amateurastronomen (darunter zwei vom KBA) zum Venustransit auf die griechische Insel Rhodos geschleppt wird:
von Bonn-Beuel im Regionalexpress (in der Holzkiste der Tubus, in Koffern und Taschen Montierung, Stativ und viele Kleinteile) über den Kölner HBf – wo im letzten Moment der Bahnsteig gewechselt werden musste! – und einen weiteren Zug nach Bochum, dann mit dem Auto zum Flughafen Weeze und mit Ryanair in 3:10 nach Rhodos,
wo das Ganze (insgesamt waren rund 90 kg eingecheckt) im weiteren Kofferraum eines Mietwagens landete,
um rund um die halbe Insel kutschiert zu werden, bis unser Appartement in Gennadi an der SO-Küste erreicht war!
Das ist der Blick in Richtung des Sonnenaufgangs – nach unseren Berechnungen über dem flachen Ende der Lindos-Halbinsel links – von der Terrasse, die sich als Plattform an zu bieten scheint,
und als Vorprogramm gab es heute schon mal – natürlich viel weiter südlich – den Aufgang des fast vollen Mondes im Skorpion über dem Meer zu sehen.
Dank Vollmonds praktisch im Perihel erscheint er – wie schon im Mai – für das blosse Auge eindeutig größer als sonst,
wobei die „Mondillusion“ dabei keine Rolle spielt, es ist die echte Geometrie, die den Effekt erzeugt.
Zum Schluss noch auf dem Weg zu einem Restaurant in dem beschaulichen Dorf (im Hintergrund scheint der Mond auf’s Meer)
eine Katze, die uns heute abend beschattete: eindeutig die Wiedergeburt der Medusa. Aber damit muss man im klassischen Griechenland eben rechnen … [Daniel Fischer]
Dickster Vollmond des Jahres am Wochenende
Die kosmischen Zyklen bringen es mit sich, dass der Vollmond in der kommenden Samstag-Nacht fast exakt mit dem Perigäum der Mondbahn zusammen fällt: Derartige Vollmonde erscheinen tatsächlich auffällig groß am Himmel, auch wenn z.B. das NASA-Video oben oder der zugehörige Text dies nicht wahr haben wollen. Probieren Sie’s aus – oder, wenn das Wetter nicht passt, eben eine Lunation später Anfang Juni, denn die beiden Vollmonde beiderseits des Perigäumsvollmonds pflegen für das Auge ununterscheibar gleich groß zu erscheinen. [Daniel Fischer]