Archiv für den Monat Juni 2012
Wunderwelt wohlgeformter westfälischer Wolkenschatten
Bildschöne Beispiele dieses simplen Phänomens der atmosphärischen Optik gab es heute am Rande der 12. Nacht der Industriekultur im Ruhrgebiet zu sehen, die passenderweise unter dem Motto „Licht an!“ stand: oben gesehen vom Emscherquellhof in Holzwickede bzw. dem Weg zur und der Haltestelle des Shuttlebusses 28 aus, unten – erst recht passend – vom Zentrum für Internationale Lichtkunst in einer Ex-Brauerei in Unna, namentlich dem ‚Observatorium‘ Third Breath. In dem selbst diese Himmelsshow aber gar nicht zu sehen war. [Daniel Fischer]
Auffällige leuchtende Nachtwolken über dem KBA-Land!
Nachdem es die letzten beiden Nächte im Norden der britischen Inseln mächtig zur Sache ging (siehe die Links unter dem ersten Bild hier zu Aufnahmen vom Morgen des 25. Juni), sind heute Abend auch auffällige Leuchtende Nachtwolken über unserer Gegend zu sehen: hier gegen 23:30 MESZ von Königswinter-Heisterbacherrott aufgenommen, Kamera auf Ministativ auf der Fensterbank im 1. Stock, Belichtungszeiten um 5 Sekunden bei ISO 400. [Daniel Fischer. NACHTRAG: Weitere Bilder aus der Nacht sind hier zu sehen – und meine letzte eigene Beobachtung ist schon drei Jahre her und erforderte ein Flugzeug. NACHTRAG 2: weitere Bilder aus Bonn von diesem Display. NACHTRAG 3: und noch mehr Bonner Bilder]
Zwei Radioteleskope, sieben Planeten, ein Orchester
Und apropos Radioteleskop Effelsberg. Seit nun mehr 40 Jahren ist hier in einem kleinen Eifeltal nahe Bad Münstereifel der Teleskopgigant der Bonner Radioastronomen in Betrieb und um dies gebührend zu feiern fand vergangenen Sonntag zwischen den kleinen Antennen des LOFAR-Feldes und dem 100m großen Radioempfänger ein ungewöhnlicher Konzertabend statt. Geplant war es als Open-Air-Konzert, wegen des schlechten Wetters mussten leider die fast 400 angemeldeten Gäste und das mit knapp 70 Musikern voll besetzte Orchester in einem großen Konzertzelt Platz nehmen. Mit Pauken, Fagott, Klarinetten, Oboen, Querflöten, zwei Harfen, vielen Hörnern und sonstigen Blechbläsern wurden „Die Planeten“ von Gustav Holst aufgeführt, als Abschluss folgten noch einzelne bekannte Titel der Star Wars-Saga.
Nach einem wunderbaren Konzertabend kam bei der Fahrt aus dem Tal doch noch die Sonne raus, so dass der 3.200 Tonnen schwere Ehrengast noch kurz im Abendlicht zu sehen war. Den kompletten Konzertbericht mit reichlich Fotos kann man hier nachlesen. [Nico Schmidt]
Die Geschichte des Radioteleskops Effelsberg – jetzt open access im Web!
Einen umfassenden Artikel von MPIfR-Urgestein Richard Wielebinksi et al. über den Bau des Effelsberger 100-Meter-Radioteleskops, der letztes Jahr in einer australischen Zeitschrift für Astronomiegeschichte erschienen ist, kann man jetzt kostenlos im WWW lesen oder auch ausdrucken – so wie sämtliche Artikel, die in den bisher 15 Bänden des Journal of Astronomical History and Heritage erschienen sind: Einfach in diese Maske bei Journal „jahh“ und bei Volume # eine Zahl von 1 bis 15 eingeben, und schon gibt’s das Inhaltsverzeichnis des entsprechenden Bandes. Ein anderes Fundstück dort z.B. „How the first dwarf planet became the asteroid Ceres“. [Daniel Fischer]
Ein KBA-ler auf Berlin-Besuch – und ein Tipp für die nächsten drei Monate!
Aus Anlass eines Auftritts in der Wilhelm-Foerster-Sternwarte nach Berlin gereist, konnte dieser Blogger heute morgen noch an der Pressekonferenz zu und Vorbesichtigung einer neuen Ausstellung im Pergamonmuseum teilnehmen, die vom 22. Juni bis 30. September besichtigt werden kann – und soll(te), wenn es einen im nächsten Vierteljahr nach Berlin verschlägt. Denn das scheinbar so abstrakte Thema „Jenseits des Horizonts – Raum und Wissen in den Kulturen der Alten Welt“ ist mit jeder Menge Astronomiegeschichte in schönen Artefakten garniert, etwa obigem Fragment eines 2000 Jahre alten römischen Himmelsglobus. Und einem Lokal-Reporter ist sogar nur die Astronomie in der Ausstellung aufgefallen, dabei gibt es auch viele andere originielle Dinge, von einem trepanierten Steinzeit-Schädel über altgriechische Täfelchen zur zielgerichteten Verfluchung des Nachbarn bis zu (nachgebauten) antiken Musikinstrumenten, die der Besucher selbst anspielen darf. Besucht werden kann ‚Jenseits des Horizonts‘ nur im Paket mit der Dauerausstellung für EUR 13 – aber das lohnt sich angesichts von deren Spektakularität allemal. Ach, und noch ein Bonn- und Astro-Bezug: Die „Jenseits“-Co-Kuratorin Gabriele Pieke war lange Direktorin des Ägyptischen Museums in Bonn. Und gemeinsam mit ihr hatte ich mal einen – sehr gut besuchten – Vortrag über altägyptische Astronomie im Forum Astronomie der VSW Bonn organisiert. Danach waren uns leider keine weiteren thematischen Überschneidungen mehr eingefallen … [Daniel Fischer]
Planeten in der Dämmerung
Trotz des vielfach wolkigen Wetters waren in den letzten Tagen die fünf klassischen, mit bloßem Auge beobachtbaren Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn alle innerhalb weniger Stunden bzw. an einem Tag vom „KBA-Land“ aus zu sehen.
Merkur bietet eine mäßig gute Abendsichtbarkeit – für das bloße Auge zwar eine Herausforderung, mit einem Fernglas bei einigermaßen guter Sicht aber kein Problem. Dieses Bild zeigt Merkur am Abend des 17.6.:
Im Laufe des Abends waren natürlich Mars und Saturn (letzterer z.Z noch oberhalb von Spica) einfach zu beobachten. Am folgenden Morgen des 18.6. gelang dem Autor zwischen 4:30 und 5 Uhr MESZ ein erster Blick auf Jupiter, der nach seiner Konjunktion jetzt wieder am Morgenhimmel aufgetaucht ist.
Erste Berichte von Teleskop-Beobachtern deuten an, dass sich Jupiters nördliches Äquatorialband (NEB) dramatisch verändert haben könnte – es bleibt jeden Fall spannend! Wenige Minuten später, Jupiter war schon in den rasch ziehenden Wolken verschwunden, ging Venus auf – es war die erste Beobachtung mit bloßem Auge bei der beginnenden Morgensichtbarkeit. Am Tag zuvor gelang diesem Blogger eine Taghimmelbeobachtung der Venus per GoTo-gesteuertem Teleskop: Die Sichel ist so kurz nach dem Transit immer noch spektakulär schmal.
Im Fernglas (8x Vergrößerung) zeigte sich Venus noch eindeutig mit Phase. [Paul Hombach]
Ein KBA-ler auf Hamburg-Besuch
Genau vor zwei Wochen ging es für ein verlängertes Wochenende nach Hamburg. Und was wäre ein viertägiger Städtetrip, wenn ich nicht nebenbei der über 200-jährigen Astronomiegeschichte dieser Hansestadt nachgespürt hätte. Was hat z.b. der Kirchturm des Michels mit einer Erfindung von Gauß oder mit den Physikversuchen des Lehres Benzenberg zu tun? Was stand einst an dem Ort der heutigen Elbphilarmonie-Baustelle, gibt es sogar astronomische Motive in dem riesigen Miniatur-Wunderland oder was macht dieser schöne Himmelsglobus im Hamburger Planetarium? Damit beschäftigt sich der erste Teil meines ausführlichen Fotoberichts. Ein noch folgender zweiter Artikel widmet sich dann dem Besuch der Hamburger Sternwarte in Bergedorf, die zufälligerweise an dem Wochenende zum Tag der offenen Tür einlud. [Nico Schmidt]
Die ersten 10’000 Besucher dieses Blogs
Vor wenigen Minuten konnte dieses Blog (dieser Blog?) den 10’000. Besucher verzeichnen, nur sieben Wochen nach dem Start. Sie sind aus 66 Ländern zu uns gelangt: 7500 kamen aus Deutschland, 500 aus den USA, 400 aus Österreich, 250 aus dem U.K., 200 aus Frankreich, 150 aus Griechenland, 120 aus der Schweiz und je rund 100 aus Slowenien und den Niederlanden. Der Grund ist natürlich in allererster Linie die umfassende – und weltweit beworbene – Berichterstattung über den Venustransit auf den „R-Inseln“, der allein in der Transitwoche die Hälfte der Besucher brachte – davon 1600 am Transittag. Gerade ist übrigens das Autorenteam mit Paul Hombach und Nico Schmidt erweitert worden, die nun auch selbstständig posten können: Wir harren ihrer Geschichten! Muss ja nicht immer ein Planet sein, der sich vor die Sonne verirrt … [Daniel Fischer]
Post von der Post … aus Südafrika!
Wie schon anderen Orts berichtet hat die südafrikanische Post letztes Jahr eine krude Grafik dieses Bloggers zum Venustransit 2004 in ein Briefmarken-Design anlässlich des Venustransits 2012 integriert: Jetzt traf ein großer Brief ein, nicht nur mit je einem Belegexemplar der Marke – mit goldener Schrift schwer zu fotografieren – und des zugehörigens Ersttagsbriefs …
… sondern auch der South African Stamp News alias Setempe mit gleich drei Seiten zu dieser Marke: Hier wird das Phänomen VT allgemein erklärt, illustriert mit Aufnahmen von 2004 aus Südafrika, wo dieser Blogger damals auch gewesen war, und sogar von einem Gedenkstein für den VT von 1882.
Auf der Seite davor gibt’s ein Interview mit dem Designer der Marke, seiner ersten. Und anderswo im Setempe-Heft finden sich noch drei Seiten über die ebenfalls am 5. Juni erschienene Briefmarkenserie zu „South Africa’s Role in Astronomy“ – gefolgt von zwei Seiten über die Astronomical Society of Southern Africa mit vielen URLs von populärastronomischen Einrichtungen im Land! [Daniel Fischer. NACHTRÄGE wegen mehrfacher Fragen eines Einzelnen: Es handelt sich um ein „minature sheet“, das mit und ohne den – mit meinen Skizzen verzierten – Rand ein gültiges Postwertzeichen ist. Und der Wert beträgt 27.40 Rand = EUR 2.62, genug für 100 Gramm Luftpost international. Und jemand hat die Marken tatsächlich benutzt, um etwas nach Neuseeland zu schicken]
Ein Rheinländer als chinesischer Astronom
Wer sich über Argelander hinaus mit der Astronomiegeschichte der Bonner Region beschäftigt, wird feststellen, dass sie überraschenderweise 400 Jahre weit zurückreicht, bis zu einem Mann namens Johann Adam Schall von Bell. Er stammte aus einem Adelsgeschlecht in Lüftelberg, was heute zu Meckenheim gehört.
Entgegen seiner Herkunft kehrte er vor rund 400 Jahren dem Rheinland den Rücken und ging als Jesuitmissionar und Astronom nach China. Mit diesem Schiff gelangen außerdem das kurz zuvor erfundene Fernrohr sowie Galileis Entdeckungen in den fernen Osten. In China führte Schall von Bell eine notwendige Kalenderreforum durch, wurde dadurch Leiter der Pekinger Sternwarte und stieg sogar zum Staatsbeamten höchsten Ranges auf, 1653 erhielt er zudem den Ehrentitel „Die Geheimnisse des Himmels ergründender Lehrer“.
Dem Astronom Schall von Bell und anderen Missionaren in China wurde kürzlich eine ganze Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle gewidmet. Hier erfuhr man auch, dass der ehemalige Rheinländer sogar zum Tode verurteilt wurde und nur durch eine glückliche Häufung von Naturerscheinungen frei kam. Meinen ausführlichen Fotobericht zu der kleinen Ausstellung kann man im Nachbarblog „Zauber der Sterne“ nachlesen. [Nico Schmidt]