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Wenn Köln schon mal eine Launch Party schmeisst …

… für einen deutschen Raumfahrer, dann wird auch was geboten: so geschehen am 28. Mai 2014, als Alexander Gerst & Co. zur ISS aufbrachen. An etlichen Orten im Lande waren große und kleine öffentliche Veranstaltungen angesetzt worden, davon aber nur das Kölner Event von ESA, DLR & Stadt unter freiem Himmel und für über 1000 Besucher geeignet. Die Frage, ob Deutschland seinen 11. Raumfahrer feiern würde: Hier fand sie eine klare Antwort.

Der prominenteste Gast der Veranstaltung: der Kosmonaut und Astronom(!) Reinhold Ewald, der 1997 per Soyuz zur Mir gereist war und schon vor Beginn für Interviews gefragt war – wobei dieser Blogger beim Gegenschuss unten versehentlich gar in die 20-Uhr-Tagesschau des nächsten Tages geriet …

Der andere Star des Abends: Pierre Michael „Peter“ Schilling, den sich ob seiner Weltraum-lastigen Songs Gerst explizit gewünscht hatte – von Neuer Deutscher Welle zu einem veritablen Krautrocker gereift, trat er mit Band immer wieder auf und machte die Launch Party zu einem halben Rockkonzert.

Wichtigstes Requisit freilich: die Videowand! Mit einem hausgemachten – in Russland gibt’s eigentlich gar keinen – Countdown, der mitunter auch mal hakte, und zahlreichen Tweets, die flink nach oben scrollten. Auch den einen oder anderen (realen oder aus dem Netz) Bekannten ‚traf‘ man so wieder.

Und auch der aufgeblasene Riesenastronaut des European Astronaut Centre – das die Verbindung von Gersts Mission und Köln herstellte – durfte nicht fehlen, ein alter Bekannter von den Tagen der Luft- und Raumfahrt 2011 und 2013, der diesmal standhaft blieb.

Kein Fest ohne Honoratioren: Karlheinz Kreuzberg von der ESA, Rolf-Dieter Fischer vom DLR, Kölns OB Jürgen Roters – und eine „Mäuseklasse“ mit reichlich Raumfahrt-Equipment.

Talk mit Ewald, der das Geschehen rund um die Astronauten-Ausbildung und einen Soyuz-Start engagiert schilderte – und einmal sogar den russischen Weltraumärzten widersprach: Dass man die Crew kurz vor dem Start in wilde Rotation versetzt, um sie abzuhärten, hält er für nicht sinnvoll. Und natürlich wieder Schilling, plus eine von mehreren aufgezeichneten Botschaften Gersts.

Schalte – per Satellitentelefon – zu einem EAC-Sprecher in Baikonur, der vom Fortgang der Startvorbereitungen berichtet. Live-Bilder aus Kasachstan gibt es auf der Videowand indes nicht, die Technik hapert. So erfährt man nur durch die vorbeiscrollenden Tweets, dass man im Fernsehen schon Gerst in der Kapsel sieht. Und wieder heizt Schilling ein.

Rupert Gerzer (l.) vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin demonstriert mit einem Freiwilligen in Schräglage den Effekt von Mikrogravitation auf den Blutkreislauf – der Proband war nach Wiederaufrichtung tatsächlich tatsächlich ähnlich groggy wie ein Astronaut nach der Landung.

Noch eine Videobotschaft von Chris Hadfield – und dann stimmt Schilling, 20 Minuten vor dem Start, endlich sein „Völlig losgelöst“ an, während die nun doch 1000 oder mehr (da gehen die Zahlen weit auseinander) Zuschauer die von einem Karnevalsgroßhändler verteilten und in China produzierten Köln-Fähnchen schwenken. Aber immer noch kein Bild aus Baikonur auf der Wand …

… was kurz vor dem Abheben durch energische Improvisation gelöst wird: Ein Kameramann filmt den Bildschirm ab, auf dem der ESA-Kanal läuft, und der pünktliche Start ist bestens zu sehen.

Hier die ersten anderthalb Minuten der Übertragung in Originalqualität: Bei 1:22 macht Gerst trotz dicken Handschuhs gut erkennbar das Shaka-Zeichen, was zuvor als Gruß speziell an das Kölner Publikum angekündigt worden war.

Die Zuschauer im Moment des Starts und während des weiteren Aufstiegs der Soyuz in den kasachischen Nachthimmel – diesmal gibt es weniger Live-Bilder aus der Kapsel als gewohnt, aber Gersts Shaka wird erkannt und von der Menge goutiert.

Mit dem Erreichen des Orbits und einem letzten Auftritt Schillings endet die rundum gelungene Veranstaltung, eine ungewöhnliche Fusion aus Festakt (die Top-Gäste dürften noch einmal auf der Bühne Fähnchen schwenken), Edutainment mit Ewald und Gerzer und einem angemessen lauten Rockkonzert. Aus Baikonur selbst war bis auf ein paar Minuten Startbilder fast nichts zu sehen, aber bei der vielen Action am Platz vermisste man es auch kaum. Eine andere Bildauswahl dieses Bloggers gibt es hier zu sehen und Artikel über die und Live-Blogs von (u.a.) der Kölner Veranstaltung hier, hier, hier, hier und hier. [Daniel Fischer. NACHTRÄGE: ein „Bootleg“ des ‚Völlig losgelöst“ wurde eingefügt, und es gibt auch einen Gruß nach oben, ebenfalls von diesem Blogger gefilmt, eine komplette Aufzeichung des Abends (der Link kam aus dem Orbit …), noch mehr Bilder von anderen Zuschauern hier, hier und hier – und ein Interview mit Peter Schilling von 2016, in dem er sich (letzte drei Antworten) als Astronomie-Kenner entpuppt]

28. Mai: Public Viewing in Köln zum Start von Alexander Gerst

Links: Alexander Gerst (GCTC), rechts: Logo zu seiner Mission „Blue Dot“ (ESA)

Genau zwei Wochen bevor der deutsche Astronaut Alexander Gerst an Bord einer Sojus-Kapsel zur Raumstation ISS abheben wird, gab die ESA bekannt, dass in Deutschland drei Veranstaltungen zum Start am 28. Mai geplant sind. Neben Oberpfaffenhofen und Frankfurt steht auch Köln auf dem Programm: Dort soll nahe des Rathauses ein Public Viewing auf dem Alter Markt stattfinden. Die Liveübertragung soll von 20:00 bis 22:15 Uhr gehen (21:56 Uhr ist der derzeitige Startzeitpunkt) und von ESA-Astronaut Reinhold Ewald, der 1997 zwei Wochen auf der Mir verbrachte, kommentiert werden. Natürlich lässt sich der Start auch leicht im Web verfolgen: Beispielsweise zeigt dlr.de das in Oberpfaffenhofen stattfindene Event, während auf dlr.de/next die Übertragung des NASA-TV zu sehen sein wird. Der NASA-Stream soll außerdem auch in einer Berliner Veranstaltung in der Wilhelm-Foerster-Sternwarte gezeigt werden.

Nach dem Start wird Gerst ein halbes Jahr auf der ISS verbringen und im Rahmen seiner „Blue Dot“ genannten Mission ist er zusammen mit seinen Kollegen an rund 160 Experimenten beteiligt. Viele Einzelheiten zu „Blue Dot“ und dem dazugehörigen Motto „Shaping the future“ lassen sich hier in der 25-seitigen Broschüre zur Mission nachlesen. Sehr interessant ist auch diese Aufzeichnung einer Pressekonferenz im EAC des DLR in Köln-Porz vom 17. März, bei der der Astronaut ausführlich über die zurückliegenden Vorbereitungen, aktuelle Arbeiten und seine anstehende sechsmonatige Mission zur ISS berichtete. [Nico Schmidt. NACHTRAG: Wie nun im Blog des Astronauten zu lesen ist, wird das Public-Viewing-Event in Köln von einem Moderatorenduo des Radiosenders 1Live moderiert, außerdem soll NDW-Ikone Peter Schilling mit seinem Hit von 1983 – natürlich „Major Tom“ – auftreten.]

Mai 2014: Treffen der VdS-Fachgruppe Spektroskopie

Nächstes Jahr wird’s in Köln auch außerhalb des Karnevals bunt. Denn wenn sich 2014 die Entdeckung der Fraunhoferlinien zum 200. Mal jährt, findet das Jahrestreffen des VdS-Fachgruppe Spektroskopie (Forum) in der Domstadt statt. Die VdS (Vereinigung der Sternfreunde) wurde vor 60 Jahren gegründet, ist mit mehr als 4.000 Mitgliedern der Dachverband der Hobbyastronomen in Deutschland und besteht aus 18 Fachgruppen zu speziellen Themengebieten. Vom 16. bis 18. Mai 2014 findet die jährliche Fachtagung ASpekt der Hobby-Spektroskopiker diesmal in Köln statt. Der Ort für das dreitägige Treffen, das Tagungs- und Gästehaus St. Georg, liegt nahe des Volksparks im Herzen der Südstadt und hat zusammen mit dem 115 Jahre alten Kloster Maria Hilf einen besonderen historischen Charme. Zu dem Jahrestreffen sind nicht nur Profis, sondern auch Einsteiger und Nicht-VdS-Mitglieder herzlich willkommen. Zum Tagungsprogramm ist derzeit noch nichts weiter bekannt, ein Vortragsthema wird aber mit Sicherheit die sehr helle Nova Delphini 2013 sein. Aktuell ist sie immer noch 6,3mag hell, so dass selbst Hobbyastronomen sie noch spektroskopieren können. Auch Infos zur Anmeldung werden noch folgen.

Die Spektroskopie ist das wichtigste Hilfsmittel bei der Erforschung der chemischen und physikalischen Natur der Sterne, Galaxien, Nebel und anderen Himmelskörper, und die dunklen Spektrallinien als Schlüssel zur Astrophysik wurden von Joseph Fraunhofer vor 200 Jahren entdeckt (das Bild zeigt eine Sonderbriefmarke zum 225. Geburtstag). Aus diesem Grund plant die Fachgruppe Spektroskopie für 2014 ein Sonderheft des VdS-Journals und auch in der Februar/März-Ausgabe der Interstellarum wird es über die im Licht versteckten Linien gehen. [Nico Schmidt]

Rund 80 Astronauten diese Woche in der Region (Köln/Aachen/Bonn) zu Gast

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Das Jahrestreffen der Association of Space Explorers – zu der nur gehören kann, wer mindestens einmal die Erde umkreist hat – findet diese Woche und Köln, Aachen & Bonn statt, und zur Eröffnung heute Morgen in der Universität zu Köln hatte man sogar drei rote Teppiche entrollt.

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Unter den rund 80 angereisten Astronauten – etwa jedem vierten ASE-Mitglied – fiel wohl am meisten der Charakterkopf des ersten Spacewalkers der Raumfahrtgeschichte Alexei Leonov auf, hier eingerahmt von Wiktor Sawinych und dem einzigen rumänischen Raumfahrer Dumitru Prunariu, derzeit ASE-Präsident.

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Gruppenbild aller anwesenden ASE-Mitglieder, darunter auch dem ersten chinesischen Raumfahrer und – als einzigem Apollo-Veteranen – Rusty Schweickart. Die ASE-Konferenzen sind eigentlich Veteranentreffen, und dazu geladene Gäste, Medienvertreter oder gar die breite Öffentlichkeit bekommen jeweils nur (andere) Ausschnitte der diversen Veranstaltungen der Woche zu Gesicht. Hier hatten immerhin Scharen von Autographen-Jägern ihren Spaß …

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Gastgeber vor Ort: der deutsche Mir-Besucher Reinhold Ewald, der einst an nämlicher Universität Radioastronomie studiert hatte und in mehreren Festreden als „kölsche Jung“ gefeiert wurde. Erst zum zweiten Mal trifft sich die ASE überhaupt in Deutschland.

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Die mit Abstand meiste „Bühnenerfahrung“ brachte auf dem Festakt der ehemalige deutsche Forschungsminister Heinz Riesenhuber mit, der zuvor für sein segensreiches Wirken (für die bemannte Raumfahrt) unter Kohl den Crystal Helmet Award der ASE erhalten hatte.

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Auf einer Pressekonferenz gelang es diesem Blogger doch glatt, ein kleines Kontroverschen auszulösen: Auf die Frage, was denn wohl in der Zeit nach der ISS kommen möge (die Riesenhuber für unbeantwortbar erklärt hatte), gingen zwei Astronauten auf dem Panel wie selbstverständlich von einer Marsreise in den 2030-er Jahren aus – aber Sawinych wie auch der DLR-Weltraummediziner Rupert Gerzer erklärten dies angesichts v.a. der hohen Strahlenbelastung unterwegs für Unfug.

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In einer wenigen komplett öffentlichen Veranstaltungen des 26. Planetary Congress wurden vornehmlich Kölner Beiträge zur Weltraumforschung vorgestellt, und nur zwei Astronauten kamen zu Wort, um über aktuelle technische Verbesserungen auf der ISS (Kevin Ford, gerade zurücK) bzw. den Vergleich Spacelab/ISS (Hans Schlegel) zu referieren. Für die anschließende Diskussion konnten Fragen ausschließlich per Twitter gestellt werden, die dann Moderator Berndt Feuerbacher von einem Ausdruck ablas. Eine Bemerkung bzgl. Politikern im Orbit provozierte immerhin Jake Garn, auf die Bühne zu eilen: Er war genau solch ein ‚Fall‘ gewesen, betonte aber, dass er damals immerhin die zweimeisten Flugstunden aller Astronauten vorzuweisen gehabt habe und doch nicht ‚als Politiker‘ abgehoben habe. Zahlreiche weitere Bilder aus Köln sind in diesem Album zu finden, weitere Impression einer Schar von Spacetweeps – auch der folgenden vier Tage – hier, hier und hier. [Daniel Fischer. NACHTRAG: ein später Bericht über den Tag]

Noch zwei oder drei Tage: Mars-Ausstellung im Kölner Hauptbahnhof

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Noch bis zum 28. Februar oder 1. März – da gehen die Informationen auseinander – ist in der unterirdischen Zentralpassage des Kölner Hauptbahnhofs eine Ausstellung über Marsmissionen v.a. des vergangenen Jahrzehnts zu sehen, gestaltet von der Volkssternwarte Laupheim, die hier schon öfters mit ihren informativen Wanderausstellungen zu Gast war. Der „Mars in 3D“ ist mindestens 3 Jahre alt, weshalb Curiosity noch nicht mitspielen darf, dafür aber ein großes Modell der Mars Exploration Rover (Mitte) – und ein Original-Zeilenscanner von der Kamera des Mars Express. Zu der Ausstellung, über die dieser Blogger auf dem Weg zum ersten Skeptics in the Pub der Region stolperte, gehören u.a. auch ein 3D-Modell des Olympus Mons und ein zertifizierter Marsmeteorit.

2013: Ein Jahr für die Luft- und Raumfahrt in Köln

Die „Kölner Wissenschaftsrunde“, ein Zusammenschluss von DLR sowie Kölner Universität und Hochschulen, hat das Jahr 2013 zu einem Themenjahr für die Luft- und Raumfahrt ernannt. Das bisher veröffentlichte Programm könnte vielseitiger nicht sein. Neben öffentlichen Vorträgen (zu Themen der Luftfahrt, Weltraumforschung und Astronomie) und Fachveranstaltungen finden u.a. auch ein „Monat der Schulastronomie“, eine Science-Fiction-Literaturnacht und ein Elektronik-Musik-Konzert statt. Außerdem nehmen das Literaturfestival lit.Cologne und die KölnerKinderUni das Raumfahrt-Themenjahr in ihr Programm auf und zusätzlich wird am 22. September der DLR-Standort in Köln-Porz erneut einen Tag der offenen Tür veranstalten. Wie schon 2011, als dort die Flugzeug-Sternwarte SOFIA gastierte (siehe Foto) und das DLR rund 85.000 Besucher zählte, werden sicher auch diesmal wieder wir Bonner Sternfreunde mit unseren Teleskopen bei hoffentlich sonnigem Wetter dabei sein.

Alle Veranstaltungen – auch wenn noch nicht alle Termine feststehen –  im Überblick gibt’s auf der Homepage des Wissenschaftsportals. [Nico Schmidt]

Irisierende Wolken über Köln (aus einem fahrenden Zug)

Diese Aufnahmen einer irisierenden Wolken-Kante gelangen mir gestern aus einem fahrenden Zug in Köln durch eine nicht gerade saubere Scheibe – deswegen ‚durften‘ auch Kontrast und Farbsättigung gesteigert werden. Das Phänomen ist ziemlich häufig und mir z.B. auch schon in Königswinter (Übersicht) oder dem Ruhrgebiet vor die Linse geraten. Die spektakulärste Show gab es allerdings im Juli 2010 in Norden Argentiniens (wo das auch keine Neuigkeit ist): Das Bild unten ist Zeitschritt Nr. 5 aus einer langen Serie, mit Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 6 – in diesem Fall war die Farbenpracht in der Realität sogar größer als auf den Fotos. [Daniel Fischer]